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Bericht SummerBreeze Open Air 2008: Donnerstag einleitung | freitag | samstag | fazit | Bodo's Kommentar
Am nächsten Tag stellen wir fest, daß das Summer Breeze das Festival der langen Wege ist. Nicht nur, dass wir auf Platz F wie Fast an der Straße liegen, nein auch das Pressezelt steht heuer am Arsch der Welt und man braucht ewig, bis man von dort an den beiden Bühnen ist, weil man sich jedes Mal durch die Verkaufsstände wühlen muß. Will man von den Bühnen zum Partyzelt, darf man wieder zurück durch die Verkaufsstände. Es ist eine Pracht. Oder eine Studie zum Thema: Wie setze ich Verkaufsstrategien bekannter Supermarktketten auf einem Festival um? Richtig, die Milch (sprich die Bands) steht immer ganz hinten.
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Da wir am Mittwoch dank des Staus sämtliche Bands verpasst haben (bzw. nach 11 Stunden Stau dann nur noch Essen und Schlafen wollten) sind All Ends am Donnerstagmorgen die erste Band, die wir uns ansehen. Ich muß zugeben, ich sehe mir die Band hauptsächlich deshalb an, weil die kleine Schwester von In Flames-Gitarrist Björn Gelotte da Sängerin ist und ich mir anschauen will, was die Familie Gelotte sonst so zu bieten hat. Und man merkt direkt, daß da einer von In Flames seine Finger im Spiel hat. Nicht, daß die Band schlecht wäre, ganz im Gegenteil, aber mir persönlich klingt das Ganze zu sehr nach In Flames. Songs wie Close My Eyes könnten auch von den berühmten Göteborgern stammen. Würde man das Sängerinnenduo Emma Gelotte und Tinna Karlsdotter wegnehmen und stattdessen Anders Fridén hinstellen, würde man kaum merken, dass da nicht In Flames spielen. Und würde man die beiden Sängerinnen zu In Flames verfrachten, würde man sich nur wundern, warum man Anders auf einmal doppelt sieht und warum er Brüste hat. Langer Rede, kurzer Sinn: Ein Auftritt, für den es sich gelohnt hat, früh den Campingplatz zu verlassen, aber die Band müsste sich dringend um mehr Eigenständigkeit bemühen, um nicht irgendwann als verschriene In Flames-Kopie zu enden.
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Nachdem aufgrund der langen Wege, unter der Tatsache dass der obligatorische Spatziergang über das Campinggelände wegen der enormen Wartezeiten am Vortag auf diesen Morgen verschoben war, die bisherigen Bands ohne meine erlauchte Anwesenheit spielen mussten, waren Graveworm für mich nun der Opener. Das Fontmann Stefan Fiori heute kein Italien-Trikot als Bühnenoutfit trug stimmte mich bereits versöhnlich, und mit einem kühlen Bier in der Hand liess sich er Gig gut geniessen. Sicher, der Sound war nicht perfekt und eigentlich ist der frühe Nachmittag noch nicht die rechte Zeit für Blackmetal, aber die Tiroler sind eh für ihren Musikstil immer unpassend gut gelaunt und verbreiten diese Stimmung auch noch. Auch wenn der Ärger über den Vortag noch tief saß kam jetzt langsam die richtige Festival-Stimmung auf.
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Während auf der Painstage The Wildhearts mit punkigem Rock'n'Roll zu punkten versuchten kündigte im Party-Zelt das LineUp Negura Bunget an, was rumänisch ist und soviel heisst wie Nebliger Wald. Musikalisch treibt es die Rumänen sein mehr als 10 Jahren schon in Richtung Black Metal, aber mit starken Folk-Einflüssen. Einsätze von Flöte und Xylophon wechseln sich ab mit furiosen Blastbeats und kratzigen Gitarrenriffs, immer athmosphärisch und düster in der Stimmung. Unklar bleibt ob es an der Musik oder am Sound liegt, ist es doch schwierig den musikalischen Eskapaden zu folgen und infolgedessen springt auch der Funke noch nicht wirklich auf das Publikum über.
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Soilwork habe ich schon vor einem guten Monat auf dem Metalcamp gesehen. Dort hatte der Sänger mit einer Erkältung zu kämpfen und war nicht wirklich gut bei Stimme. Heute ist das anders, aber man hat trotzdem nichts davon. Denn der Sound ist so übel, dass Sänger Björn „Speed“ Strid oft kaum zu hören, geschweige denn zu verstehen ist. Sogar die Songs sind in dem Soundmatsch, der da von der Bühne zu uns herunter schwingt, kaum auszumachen. Und wie immer spielt man meinen Lieblingssong, As We Speak, wenn ich noch im Graben bin. Danke. Danach testen wir verschiedene Positionen im Publikum aus, um herauszufinden, ob der Sound irgendwo besser wird. Wird er. In der Mitte. Und dort sieht man dann nichts. Man hat also die Wahl der Qual. Wunderbar. Die Band kann jedenfalls nichts dafür und gibt ihr Bestes, um die Fans zu unterhalten. Bassist Ola Flink post bis ihm fast die Zähne ausfallen und Sänger Speed macht Alexi Laiho von Children Of Bodom mit der Anzahl seiner „Fucks“ in den Ansagen Konkurrenz. Songs wie Bastard Chain, One With The Flies, Stabbing The Drama oder das geniale Overload machen ordentlich Stimmung und Speed sorgt mit seinen humorvollen Ansagen („No beer on stage, fucking pink towels – where the hell am I??“) für den ein oder anderen Lacher. Alles in allem wäre es ein wirklich guter Auftritt gewesen, wenn der Sound nicht so beschissen gewesen wäre.
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Da wir in diesem Jahr für die Headliner (laut Definition der Summerbreeze-Veranstalter sage und schreibe die jeweils letzten drei Bands auf jeder Bühne) keine Foto-Erlaubnis hatten war es jetzt an der Zeit die Kamera zu entsorgen um sich richtig frei bewegen zu können. Dieser Aktion fiel dann der Auftritt von The Wildhearts auf der Painstage zum Opfer, den langen Wegen zum Camping und wieder zurück dann leider auch der Gig von Arch Enemy, auch wenn ich Front-Amazone Angela Gossow gerne nochmal auf der Bühne gesehen hätte. Naja, vielleicht hat man ja in den nächsten Jahren noch irgendwann mal wieder die Chance dazu.
Irgendwann während des Gigs der Halbgötter von Behemoth auf der Painstage sind wir dann wieder auf dem Gelände aufgeschlagen. Für die Polen war es ein weiter Weg von den Pagan Vastlands bis hin zum immernoch aktuellen Album The Apostasy das mit seinem sehr modernen klaren Sound zwar auf dem klassischen Blackmetal basiert aber doch sehr erwachsen geworden ist. Die gewaltige Mischung aus Death- und Blackmetal, mit angemessener Arroganz und Coolness in beeindruckenden Uniformen vor düsteren Backdrops charismatisch vorgetragen, war definitiv einer der Höhepunkte des Festivals. In diesem Jahr waren Behemoth sicher eine der besten Live-Acts die auf den Sommer-Festivals gespielt haben. Insbesondere an diesem Abend war Fontmann Nergal offenbar auch noch gut gelaunt und entfesselte ein wahres Fegefeuer düsterer Gitarrenriffs. Nebenbei wurde dann noch eine Bibel zerrissen und ein bischen Feuer gespuckt, aber diese Unterhaltungseinlagen konnten die Stimmung nun auch nicht mehr drücken.
Die nächste Band war für mich ursprünglich schon allein fast Grund genug das Summerbreeze in diesem Jahr auf jeden Fall zu besuchen. Schon seit Jahren habe ich naemlich Paradise Lost nicht mehr live gesehen. Los ging es dann mit The Enemy, der ersten Single-Auskopplung aus dem aktuellen Album In Requiem und Never for the damned. Irgendwie war leider der Sound dünn, richtig warm war ich selbst mit den letzten beiden Alben auch nicht geworden und auch Nick Holmes zeigte an diesem Abend eine massive Schwäche an der Stimm-Front. Allerdings kann man mit Songs wie No Celebration, Erased, Enchantment und Say just words nicht nur nichts falsch machen, sondern einiges gutmachen. Im Laufe des Gigs schien Nick Holmes' Stimme immer besser zu werden insgesamt strahlte die Band eine gute Stimmung aus. Genau wie auf der Bühne war aber auch im Publikum nicht viel Bewegung zu spüren, headbangen und mitsingen, aber keine Aggression. Ich fand das sehr angenehm, da es sehr an die guten alten Zeiten erinnert hat, der gesamte Gig lief genau so ab wie er es von 15 Jahren getan hätte. Vielleicht werde ich aber auch nur langsam alt. Gut ab ging es aber dann zuguterletzt doch noch, ich hätte nie damit gerechnet nochmal die Klassiker As I Die und Pity the Sadness live auf die Ohren zu bekommen, da gab es dann kein Halten mehr und die Dive-Saison war eröffnet.
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Premiere für mich. Nachdem sie immer und überall abgesagt haben wo ich war, heute mein erstes Mal Primordial. Mit Empire Falls startet man mit einem der stärksten Songs der aktuellen Scheibe To The Nameless Dead in den Set. Und das kann man sich erlauben, denn Primordial haben einfach keine schlechten Songs. Zumindest spielen sie heute keine. Nach Gallow’s Hymn, ebenfalls vom aktuellen Album, gibt es erstmal einen älteren Song, bevor man mit As Rome Burns wieder einen verdammt starken aktuellen Song auspackt. Die Stimmung ist absolut genial, die Iren verzaubern ihr Publikum und entführen es in ihre düstere Welt. Viel zu schnell geht der Auftritt der Band zu Ende. Davon gerne mehr!
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Nachdem bereits Paradise Lost einen ausgiebigen Ausflug in die Vergangenheit organisiert hatten wurde der durchschnittliche Zuschauer nun von Helloween nun endgültig in seine Vergangenheit entführt. Auch wenn das Publikum nicht nur aus Power-Metal Fans bestand war die Stimmung gut als die Hambuger mit den quietschbunten aufblasbaren Kürbissen von der Bühne Songs wie Dr. Stein, Helloween, Future World, I Want Out oder Fly Eagle Fly in Publikum schleudertern. Allein indem sie es geschafft haben das Gelände schon am ersten Abend komplett zu füllen haben bewiesen Helloween dass sie ein würdiger Headliner waren, ich wüsste gern wieviele Eltern an diesem Abend ihren Kindern ihre eigene Vergangenheit vorgeführt haben, ich glaube so viele Kinder habe ich auf einem Festival noch nicht gesehen.
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Anschließend geht es rüber ins Partyzelt, um den färöischen Wikingern Týr zu frönen. Mit Gandkvæði Tróndar, dem Intro ihres aktuellen Albums Land, beginnen sie den Auftritt. Und wie auf dem Album, so folgt auch live Sinklars Vísa, das immer wieder mit seinem a capella-Anfang begeistern kann. Mit Regin Smiður und Dreams gibt es dann zwei der beim Publikum beliebtesten Songs vom Eric The Red-Album, und das Zelt, das brechend voll ist, geht herrlich mit. Ein erster Höhepunkt des Auftritts wird mit der Bandhymne Hail To The Hammer erreicht, bei dem Sänger Heri Joensen das Publikum immer wieder anfeuert und antreibt. Und das Publikum ist willig und macht gerne mit. Bei Wings Of Time kann man dann etwas zur Ruhe kommen, bevor man mit Lokka Táttur wieder etwas flotter wird und mit Ramund Hin Unge dann zum absoluten Höhepunkt der Show kommt. Da springt auch schon mal Bassist Gunnar H. Thomsen in den Bühnengraben und spielt dort weiter. Insgesamt wohl einer der besten Auftritte der Band, und das nicht nur von ihrer Seite aus. Ich jedenfalls habe noch nie so viele Týrfans auf einem Haufen gesehen.
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Bericht: Alexter, Tyr
Photos: Alexter, Tyr
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