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Bericht Metalcamp 2007 einleitung | montag | dienstag | mittwoch | freitag | samstag | fazit
Donnerstag, 19.07.2007
Heute ist der Tag nicht mit irgendwelchen sportlichen oder kulturellen Aktivitäten verplant, so daß wir uns nach dem Frühstück auf den Weg zur Soca machen. Dort angekommen treffen wir auf unzählige mehr oder weniger schwarz gekleidete Gestalten, so daß wir es schwer haben, noch ein Plätzchen zu finden. Wir liegen schließlich etwas oberhalb der Masse, versteckt unter den überhängenden Zweigen einer Weide in unserer „Strandmuschel“, wie wir das geschützt liegende Stück Ufer taufen. Im Flußbett sind bereits die fleißigen Handwerker zugange, denn offenbar gibt es für den Metalfan nichts schöneres als Dämme aus Kieselsteinen in Flüsse zu bauen, wie die zahlreichen großen und kleinen Staudämme überall beweisen. Dabei ist der Metalfan auch sehr kreativ. Wir sehen selbstgebaute Boote aus Bierdosen und sogar ein selbstgebautes Wasserrad. Außerdem schleppen die Leute die unglaublichsten Sachen an und in die Soca. Neben einem Pavillon vor allem Stühle, Luftmatratzen, Schwimmtiere, Nikolausmützen, Melonen und was man sonst noch so braucht.
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Wir vertreiben uns die Zeit auf andere Art und Weise. Mutig stürzen wir uns in die eisigen Fluten (die wirklich verdammt, verdammt kalt sind) und lassen uns durch die Stromschnellen auf die andere Seite des Flusses treiben, wo es eine schmale Sandbank gibt, auf der man sich sonnen kann. Oder seinen Kollegen Sand in die Arschritze streuen… Wenn wir genug Sonnenbrand gesammelt haben, gehen wir weiter flußaufwärts um dann durch den Fluß, der dort ziemlich tief ist und entsprechend träge vor sich hin fließt, zurück zu unserem Liegeplatz zu schwimmen. Schweinekalt, aber was uns nicht umbringt macht uns nur härter. Beim Durchschwimmen der Stromschnellen sollte man übrigens immer Schuhe tragen (Wasserschuhe gibt es billig in Tolmin), denn sonst beschweren sich die Füße sehr schnell.
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Zurück an den Zelten können wir noch schnell etwas essen und die Paraglider beobachten, die alle paar Minuten durchs Tal schweben. Dann geht es auch schon vor die Bühne. Ab heute spielen die bekannten Bands auf der Mainstage, und die Talent Forum Stage wird endlich ihrem Namen gerecht und läßt nur noch eher unbekannte Bands auf ihre Bretter. Die Mainstage liegt in der prallen Sonne und hier Bands anzusehen verspricht eine heiße Angelegenheit zu werden. Die erste Band, die ich mir heute ansehe, spielt um 17:30. In der Sonne ist es kaum auszuhalten, und so stehen in der ersten Reihe nur eine Hand voll Die-Hard-Fans (und das ist hier im wahrsten Sinne des Wortes zu verstehen), während im Schatten, den der Mischturm wirft, die Leute dicht gedrängt stehen. Die Absperrung zum Fotograben ist so heiß, daß man sich die Finger daran verbrennt und man muß erst eine Weile mit seinem Körper einen Schatten darauf werfen, bevor man den Stahl anfassen kann.
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„Ladies and Gentlemen, the portals of darkness are open and the dead hunt over the earth. Here comes… …The Vision Bleak!“ Mit dem Intro von The Deathship Has A New Captain läuten die Deutschen ihren Auftritt ein. Es ist, wie schon gesagt, in der Sonne kaum auszuhalten und von düsterer Karpatenstimmung keine Spur. Ganz im Gegenteil. Die Sonne brennt den Musikern genau ins Gesicht und läßt den Schweiß in Strömen fließen. Doch auch die Zuschauer stehen in der prallen Sonne und lassen sich ihre Rückseite verbrennen. Mit Kutulu! startet die Band mit einem unglaublich starken Song in ihren Auftritt. Auch der Nachfolger Wolfmoon ist kein Deut schwächer und so wird auf und vor der Bühne gebangt, was der Körper bei der Hitze hergibt. Unverändert stark geht es mit Carpathia weiter, das hier, wo man geographisch gesehen näher an den Karpaten ist als in Deutschland, besonders zelebriert wird. Sänger Allen B. Konstanz redet recht viel mit dem Publikum, und seine weiße Schminke verschwindet so langsam, weggewaschen vom Schweiß. Die Band muß nach nahezu jedem Lied eine kurze Trinkpause einlegen, was jedoch niemandem zu verdenken ist. Mit The Grand Devilry und The Lone Night Rider gibt es dann einen Doppelpack von der The Deatship Has A New Captain. Das Publikum ist immer noch unglaublich. Bei dieser Hitze so Gas zu geben, einfach abartig. Die Band ist mittlerweile schweißgebadet, dennoch gibt sie zum Schluß nochmal alles. The Charm Is Done von der noch aktuellen Platte Carpathia markiert das Ende des Auftritts von The Vision Bleak. Ein Wahnsinns-Gig, gerade bei den Bedingungen! Der einzige negative Touch an dem Auftritt ist die zeitliche Deplazierung. Nicht nur, daß die Band viel zu früh auf die Bretter mußte (The Vision Bleak gehören in die Dunkelheit!), sondern auch die Zusammenstellung der Setlist war etwas seltsam. Denn die besten Stücke wurden bereits am Anfang gespielt, während die Stimmung dann zum Schluß hin etwas abflaute.
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Nichtsdestotrotz, nach so exzessivem Banging in der prallen Sonne bei Temperaturen von annähernd 40°C bin ich fix und fertig und muß mich erst einmal bei einem schönen kalten Zala-Wasser an der Strandbar in der Beach Area erholen. Dort ist es durch die beiden Flüsse Tolminka und Soca, die hier zusammenfließen, angenehm kühl. So gestärkt kann ich mich wieder auf den Weg zur Bühne machen und mir noch den Schluß des Auftritts von Graveworm aus dem Nachbarland Italien anzusehen. Never Enough ist der erste Song, den ich von Anfang an mitbekomme, und ich muß sagen, die Band fährt ein ganz ordentliches Brett. Sänger Stefan Fiori ist bester Laune, bedankt sich bei den Organisatoren des Festivals sowie den Zuschauern und wirft Wasserflaschen ins dürstende Publikum. Nach Touch Of Hate ist der Auftritt dann auch schon zu Ende und ich bedauere etwas, daß ich von dem guten Auftritt der Band nicht mehr mitbekommen habe.
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Dann betreten die schwedischen Death Metal-Götter Unleashed die Bühne. Auch sie müssen noch in der Sonne spielen, so daß auch hier nicht die zur Musik passende Stimmung aufkommen will. Bei den ollen Schweden ist das aber nicht ganz so schlimm, denn die sind sowieso meistens eher fröhlich aufgelegt. Um der Sonne den Kampf anzusagen, wird die dunkle Macht Saurons besungen: We Must Join With Him. Never Ending Hate bringt uns dazu, daß wir uns wünschen, wir wären nie geboren worden: Don’t Want To Be Born. Den nächsten Song, Triumph Of Genocide, widmet Sänger Johnny Hedlund den Vereinten Nationen, was lautstark bejubelt wird. Mit In Victory Or Defeat gibt es einen Song von der aktuellen Scheibe Midvinterblot bevor es auch den starken Titelsong der Scheibe auf die Ohren gibt. Leider singt das Publikum viel zu leise mit und ist auch sonst recht träge. Ob das an der noch immer herrschenden Hitze liegen mag? Wie kann man bei diesem Song bloß so ruhig bleiben? Auch bei Klassikern wie To Asgaard We Fly und Winterland ist viel zu wenig Bewegung im Publikum. Doch dann kann Johnny Hedlund das Ruder noch einmal herumreißen. „My metal warriors scream for me: Death Metal Victory!“ Erst, als der ganze Platz in ausreichender Lautstärke mitbrüllen kann, geht es weiter und die Zuschauer zeigen, daß sie doch mehr können als nur herumstehen. Into Glory Ride wird dem Mischer gewidmet, der heute wirklich einen fabelhaften Job macht. Für’s Publikum gibt’s dann wieder Songs wie Execute Them All, ehe mit Before The Creation Of Time der Auftritt beendet wird. Der Auftritt hätte im Dunkeln sicher noch besser gewirkt und vielleicht wäre dann das Publikum nicht ganz so vor Hitze erstarrt gewesen. Der Sound ist auf jeden Fall wesentlich besser als auf der Talent Forum Stage und nur ganz leicht baßlastig.
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Heute stehen wirklich fast nur gute Bands auf dem Programm und so kommen gleich die nächsten Schweden auf die Bühne. Peter Tägtgrens zweites Betätigungsfeld Pain wird uns Metal gepaart mit Elektronik näher bringen. Die Zuschauer stehen, wie bei allen Bands, recht locker vor der Bühne, so daß ich ohne Probleme bis in die zweite Reihe komme, wo ich zu meiner Freude feststelle, daß Herr Tägtgren zu seiner Unterstützung am Baß Namensvetter Peter Iwers von In Flames mitgebracht hat. Mit Same Old Song gibt die Band von Beginn an Vollgas, und auch Zombie Slam, ein Song von der neuen Platte Psalms Of Extinction bläst einem mit seinem Bombast einfach nur die Rübe weg. Das Bühnenbild im Design der neuen Platte ist gewaltig und füllt die ganze Bühne aus. Ein geniales optisches Erlebnis! Peter Tägtgren verpackt die Titel aller Songs geschickt in seinen Ansagen, so daß wir erfahren, daß das End Of The Line erreicht ist. It’s Only Them werden wir aufgeklärt, bevor man uns mit unserem Füßen an den Boden nagelt. Nailed To The Ground ist ebenfalls vom neuen Album und macht Druck ohne Ende. Daher wird es jetzt erst einmal etwas langsamer: Dancing With The Dead, bei dem die Chöre von Gitarrist und Bassist übernommen werden und der Beatles-Hit Eleanor Rigby (der in der Version von Pain seinen ganz eigenen Charme entfaltet) geben dem Publikum die Möglichkeit, sich etwas auszuruhen. Anschließend wird wieder ein starker Song nach dem anderen ins Publikum gefeuert. Walking On Glass, Just Hate Me, Supersonic Bitch (das live noch einen guten Tick härter und böser ist als auf Platte), On And On – einfach jeder Song ist gut und man kommt aus dem Bangen gar nicht mehr raus. Leider ist der Auftritt jetzt aber schon zu Ende. Viel zu früh! Das denken sich offenbar auch die Fans aus ganz Europa und natürlich läßt sich Peter Tägtgren nicht lumpen und so gibt es als Zugabe seinen wohl stärksten und brutalsten Song: Shut Your Mouth. Dieser Auftritt führt dazu, daß ich mich jetzt schon auf den Gig auf dem Summer Breeze freue. Ich will mehr!
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Heute spielen definitiv die meisten guten Bands. Denn es geht noch weiter mit den Metalgöttern aus dem Norden Europas. Nur verlassen wir jetzt Schweden und wandern nach Norwegen, um uns in der mittlerweile herrschenden Dunkelheit von Satyricon wegblasen zu lassen. Mit Walk The Path Of Sorrow startet die Band ihren Set, bevor es mit Nemesis Divina weitergeht. Gleich zu Beginn gibt es ein neues Stück, nämlich den Titelsong der aktuellen Platte Now, Diabolical. Gleichzeitig kündigt Sänger Satyr an, daß sie heute einige neue Stücke spielen werden die das Metalcamp noch nicht kennt, da ihr letzter Auftritt hier schon einige Jahre zurückliegt. Mit Havoc Vulture und With Ravenous Hunger gibt es aber erstmal ein paar ältere Stücke. Satyr ist bestens aufgelegt und kommuniziert mehr als sonst mit dem Publikum und der Sound ist hervorragend. Kann es bessere Vorraussetzungen für ein gelungenes Konzert geben? Ja, eine geniale Setlist und mit Songs wie The Pentagramm Burns, A New Enemy oder dem Kracher K.I.N.G. vom der Now, Diabolical ist diese Vorraussetzung auch erfüllt. Leider kommen wir damit auch schon zum Ende des norwegischen Auftritts. Was jedoch auf keinen Fall fehlen darf, ist Fuel For Hatred, bei dem man auf und vor der Bühne das Haupthaar kreisen läßt. Das i-Tüpfelchen auf den Auftritt setzt jedoch keines der Bandmitglieder, sondern der Immortal-Frontmann Abbath, der während dem letzten Song, Mother North, völlig betrunken auf die Bühne getorkelt kommt, den Satyr in die Arme nimmt und gemeinsam mit ihm einen Teil des Songs ins Mikro grölt, bevor er genauso unangekündigt und plötzlich wieder verschwindet, wie er gekommen ist. Extrem kultiger Auftritt von Abbath und super Show von Satyricon!
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Die ersten Headliner auf der Main Stage sind, wie der gestrige Headliner, aus Deutschland. Die Essener Kreator werden jetzt den Massen einheizen und die letzten Kraftreserven des Tages einfordern. Schwarze Rauchschwaden verdunkeln die Bühne, so daß man die Musiker beim Opener Violent Revolution kaum sieht und erst zu Pleasure To Kill wieder klare Sicht auf die Bühne hat. Hinter der Band prangt ein gewaltiges, dreidimensional wirkendes Backdrop, über dem eine Leinwand angebracht ist, auf der Videos abgespielt werden. Hier wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Zudem gibt es ja noch die bei jeder Band vorhandenen Leinwände rechts und links der Bühne, so daß der Auftritt der Band zu einem multimedialen Erlebnis wird. Dank dem umfangreichen Backkatalog der Deutschen ist es kein Problem für sie, einen Hit nach dem anderen herauszuhauen. Some Pain Will Last, Enemy Of God, People Of The Lie oder Out Of The Dark, Into The Light sind nur einige davon. Hier kommt dann auch zum zweiten Mal der offenbar universell einsetzbare Immortal-Abbath zum Zug. In einer Spielpause, in der die Band sich am hinteren Bühnenrand befindet, um wohlverdienterweise etwas zu trinken, ergreift der Norweger die Gelegenheit beim Schopf, sprintet reichlich verstrahlt zum verlassen Mikro, brüllt ein paarmal „Kreator! Kreator!“ und verschwindet genauso schnell wieder, wie er gekommen ist. What the fuck??? Sänger Mille läßt sich davon nicht aus der Ruhe bringen und hält eine Ansprache gegen Rassismus, was angesichts von 28 friedlich miteinander feiernden Nationen hier irgendwie fehl am Platze ist. Dennoch wird fleißig applaudiert und passend dazu gibt es als nächsten Song Suicide Terrorist. Die Show, die Kreator hier abziehen, ist eines Headliners mehr als würdig. Der Sound ist spitze und die Lightshow, kombiniert mit den Videoeinspielungen ist einfach nur genial, lenkt jedoch auch etwas von dem eigentlichen Geschehen auf der Bühne ab. Awakening Of The Gods, Extreme Agression, Phobia, Betrayer und Voices Of The Dead führen den Auftritt allmählich seinem Ende entgegen. Reconquering The Throne ist dann das letzte Stück, bevor die Band die Bühne verlässt. Es ist jedoch wohl so ziemlich jedem klar, dass die Band noch eine Zugabe spielen wird, fehlen doch noch einige Klassiker in der Setlist. Impossible Brutality ist das erste Stück der Zugabe, bevor Sänger Mille das zweite mit „It’s time to raise the Flag Of Hate!“ ankündigt. Mit Tormentor geht des Auftritt der Deutschen dann endgültig zu Ende. Und obwohl mir Kreator auf Platte nicht wirklich zusagen, muß ich sagen, daß dies ein Auftritt allererster Sahne mit vielen optischen Schmankerln war.
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Anschließend ziehen wir wieder an die Beach Bar, wo es heute keinen Feuerspucker, sondern ein Stripperin gibt. Die ist zwar nichteinmal fähig, sich zum Takt der Musik zu bewegen, aber der Männerwelt gefällt es trotzdem…Männer sind so leicht glücklich zu machen. Doch auch heute halten wir es nicht lange aus und verziehen uns gegen 3:00 in unsere Schlafsäcke.
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