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Bericht SummerBreeze Open Air 2005 einleitung | donnerstag | freitag | fazit
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Doom zum Frühstück hat immer den bitteren Beigeschmack, dass man gar nicht erst richtig wach werden
will. Aber Draconian als reinen Doom zu
bezeichnen, wäre ohnehin knapp an der Wahrheit vorbei. Kein Wunder, immerhin sind Damen und Herren
keine Briten (eine der Grundbedingungen um als Doomband ernstgenommen zu werden), sondern aus
Schweden. Das erklärt vielleicht auch den romantisch angehauchten Frauengesang. Der wiederum birgt den
Vorteil, dass er von einer, bestenfalls attraktiven, Frau vorgetragen wird, was in diesem Fall sogar
zutraf. So kamen auf eine halbe Stunde Spielzeit auch nur 4 Songs, deren Titel für sich selbst
sprechen: Heaven Laid In Tears, The Dying, Daylight Misery und The Cry Of
Silence. Das Publikum war wenig zahlreich und auf Grund mangelnder Geschwindigkeit auch wenig
stürmisch begeistert. Aber Qualität kann man den Schweden auf keinen Fall absprechen, für einen Opener
waren sie sogar fast zu gut! Man wird sehen, wo man den Namen Draconian das nächste mal liest.
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Die Müdigkeit sollte allen Anwesenden mit brachialer Gewalt und hohem Tempo aus den Knochen getrieben
werden, denn die belgischen Black Metaller Enthroned gaben dem Summer Breeze die Ehre! Was leider in den Knochen blieb, war die
Nässe, denn passend zum Auftritt der Schwarzheimer öffnete der Himmel wieder seine Pforten, genau wie
bei Behemoth am Vortag. Damit waren im übrigen für das Wetter am Restwochenende die Würfel gefallen,
uns erwartete nur noch Regen und daraus resultierender Schlamm. Aber das war wohl nicht anders zu
erwarten, bei einem dermaßen verregneten Festivaljahr wie 2005! Zurück bei Enthroned und mit sauber
gemalten Corpsepaint und Nieten vorgetragenen Songs wie Deny The Holy Books Of Lies, The
Ultimate Horde Fights, Radiance Of Mordacity und Scared By Darkwinds. Immerhin
machte das Wetter die frühe Uhrzeit wett, denn Black Metal bei Sonnenschein ist einfach unpassend.
Eine halbe Stunde Spielzeit erscheint auch etwas wenig für eine doch relativ bekannte Band, aber da es
sich eben nur um eine Randsparte handelt, war die Einteilung wohl vorrauszusehen.
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Und wer geglaubt hat, das Wetter könnte nicht schlimmer werden, der war sich nicht im Klaren darüber,
dass es IMMER mehr regnen kann. Dementsprechend kommentierte der charismatische Sänger von Lacrimas Profundere das Wetter auch als 'Scheiß
Gothenwetter'. Mit einer gehörigen Portion Selbstironie begleiteten seine Kommentare den Auftritt,
womit er bewies, dass er sich seiner schwierigen Position auf einem Metalfestival durchaus bewußt war.
'Lasst uns für die nächste halbe Stunde eure Sklaven sein', so leitete er die 30 Minuten Spielzeit
ein, in denen 7 ordentliche Goth-Rock Songs wie Black, Amber Girl, For bad Times
und Ave End Platz fanden. Vor der Bühne standen fast weniger Leute als darauf, die Musiker
konnten einem echt Leid tun. Aber so konnte man die Abwesenheit der Zuschauer wenigstens mit dem
Wetter entschuldigen und musste dafür nicht die Band beschuldigen. Das wäre auch ungerechtfertigt,
denn Lacrimas Profundere haben wieder mal einen etwas 'anderen', aber durchaus geschmackvollen Akzent
gesetzt im Lineup des Summmer Breeze!
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Zurück auf der Painstage bleiben wir dort gleich beim Black Metal, diesmal allerdings noch roher,
rauer und ungeschliffener mit Endstille.
Passend zum aktuellen Album Frühlingserwachen kommen die Musiker zum Intro des Albums auf die
Bühne, um gleich mit dem gleichnamigen Song und Albumopener anzufangen und die Gangart der nächsten 35
Minuten festzulegen. Auch dieser Auftritt hat wieder sehr stark polarisiert, viele Besucher haben im
Nachhinein, wie bei so vielen Black Metal Bands, den überaus schlechten Sound bemängelt, teilweise
spöttisch auf den Regen geschoben. Kenner und Fans allerdings waren begeistert über diesen soliden
Gig. Das Set konzentrierte sich eher auf das frische Release von Frühlingserwachen, besonders
witzig Sänger Iblis Ansage 'Das nächste Lies ist für unsere Freunde da vorne mit 'Jesus Christus lebt
und sieht', hahahaha, FUCK GOD!' für Ripping Angelflesh. Bei Endstille als Black Metal Band
fällt eins schnell ins Auge, die Band ist optisch gespalten: 2 der Kieler Jungs im üblichen Outfit mit
Corpsepaint und Nieten, 2 in flecktarn und T-Shirt. Und Fannähe kann man gleich auch noch
großschreiben, gleich nach dem Auftritt nahm der Gitarrist ein ausgiebiges Bad in der Menge. Echt
ordentlicher Auftritt!
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Von Kiel direkt per Luftlinie runter nach Israel geht es zur nächsten Band. Ja, richtig gelesen! Mit
Orphaned Land fand sich eine wirklich heiß
ersehnte Band der Sonderklasse auf der Mainstage ein und passenderweise begrüßt Sänger Kobi im
traditionellen Gewand uns mit einem netten 'Shalom'. Für Kenner wenig überraschend waren Orphaned Land
einer der absoluten Höhepunkte des Festivals! Sie verbinden Metalelemente mit regionaler Folklore aus
dem israelischen, türkischen, arabischen und zyprischen Raum und mehrstimmigem Gesang in allen
möglichen Sprachen inclusive hebräisch, englisch, arabisch und noch vielen mehr, damit die
Friedensbotschaft auch auf jeden Fall verstanden wird. Im mittleren Osten ist die Kombo auch schon
wirklich bekannt seit vielen Jahren, hier in Deutschland gelten sie allerdings noch immer mehr zu den
Exoten. Durch diesen Auftritt dürften sie sich allerdings sicherlich viele neue Fans gesichert haben!
Es gab einiges an altem Material zu hören, der Schwerpunkt lag aber ganz klar auf dem aktuellsten
Album, so zum Beispiel mit Oceans Land, Norrah el Norrah und 'some asskicking metal' mit
Halo Dies. Spätestens da musste auch dem desinteressiertesten Zuschauer ein Schauer über den
Rücken laufen!
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Zurück in Deutschland und bei einem auf dem Summer Breeze gerne gesehenen Gast, auf der Painstage
spielten jetzt Disbelief. Sänger Jaggers
Beschwerde über nur 35 Minuten Spielzeit erscheint berechtigt, hatten die Jungs doch gerade erst vor 2
Jahren erheblich später gespielt, und das durchaus berechtigt! Mit ihrem aktuellen Album 66Sick
hat der Herrenverein seinen Bekanntheitsgrad nochmal deutlich gesteigert, was sich in starker Presse-
und Medienpräsenz niedergeschlagen hat. Nicht zuletzt dürfte die anschließende Co-Headlinertour mit
Ektomorf diesen Stand nochmals verfestigt haben! Von 66Sick kam dementsprechend der größere
Teil der Songs mit For God, Sick, Crawl und dem krönenden Abschluß Rewind it
All, in dem Jagger mal wieder seine ganze stimmliche, emotionale Gewalt unter Beweis stellen
konnte. Dazwischen aber auch der Hit To The Sky vomm 2003er Release Spreading The Rage,
der Opener Misery des 2001er Release Worst Enemy und mit God? Master! sogar bis
ganz zurück nach 1997 zum Debutalbum Disbelief!
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Auf der Mainstage sollten nun Caliban die
Position von Hard- und Metalcore auf dem Summer Breeze festigen. Nach dem Publikum zu urteilen: mit
Erfolg! Sänger und Metalpokémon Andy nahm die Führung in die Hand und krisch sich eine
Dreiviertelstunde lang durchs Repertoire. Wie könnte ein Frontmann die Führung auf einem Festival in
die Hand nehmen, fragt man sich da? Oh, kein Problem! Bereits beim ersten Song gab es einen prächtigen
Moshpit und Andys Aufruf zur berühmten 'Wall of Death' folgte das Publikum ohne Umschweife.
Irgendjemand hatte die 'Wall of Death' mal mit dem Aufeinandertreffen der Gallier auf die Römer
verglichen, wenn sie, unter Führung von Asterix und Obelix, mal wieder ein römisches Lager
niederreißen. Und ja, dieser Vergleich ist mehr als berechtigt!
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Für alle denen riesige, rosane und aufblasbare Buchstaben nicht klargemacht haben, wer jetzt die
Bühne besetzt hat, haben J.B.O. direkt mit dem
ersten Song alles klargestellt: Verteidiger des wahren Blödsinns. So irritierend die rosa
Aufmachung auch ist - rosa Camo Klamotten und rosa Boxen - so viel Spaß macht die Band jedesmal wenn
man sie sieht. Von Pavarotti's Roots bis zum Glaubensbekenntnis zum Rock'n Roll (Ein Glück für
die Katholiken unter uns dass JBO da waren - so mussten die nicht nach Köln fahren sondern) wurde hier
soviel Blödsinn verzapft dass das Mitsingen schwerfiel. JBO sind immer wieder ein Höhepunkt, ausser
vielleicht für humorlose Schwarzmetaller.
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Passend zur Nachtstunde folgen zum Abschluß einige Bands, denen man durchaus gotische Elemente
zuschreiben darf. Die folgenden Tristania
machen sogar ganz klaren Gothic Metal, geprägt durch 2 Sänger, einer rauh und einer clean, und eine
Sängerin, namentlich Vibeke Stene. Tristania waren eine der wichtigsten Bands in diesem Bereich, bis
Gründer und Frontmann Morton Veland vor einigen Jahren die Band verließ, um sein eigenes Projekt
Sirenia zu gründen, das übrigens im letzten Jahr das Summer Breeze zu ähnlicher Spielzeit beehrte. Und
mit seinem Verlassen hat die Band auch offensichtlich an Seele eingebußt. Während die Songs vom
meisterhaften Album Beyond The Veil, wie der gleichnamige Beyond The Veil und
Angina eben entsprechend imposant rüberkamen, erschien das Material vom neuen Album
Ashes eher flach. Im Vergleich mit Sirenia, die doch verhältnismäßig neu im Geschäft sind,
scheint es wirklich, als wäre mit Veland auch die Livepräsenz von Tristania gegangen.
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Die Headliner des Samstags ließen nicht lange über ihre Nationalität grübeln, die Bühne verdunkelte
sich und das Intro von 'Der Pate' erschallte. Lacuna Coil, die Band um die charismatische und attraktive Sängerin Christina
Scabbia, legten los. Sanft, gemütlich, fast schon psychedelisch allerdings. Damit waren sie wohl für
die meisten Besucher nach 3 Tagen Geknüppel eher zu lasch, aber über mangelnden Andrang konnten sie
sich auch nicht beschwehren. In weit über einer Stunde Spielzeit fand fast das ganze aktuellste Album
Comalies von 2002 Platz, daneben einige Songs der Unleashed Memories, von der
elektronischeren EP Halflife und sogar von der ersten EP Lacuna Coil von 98! Leider aber
kein Material vom ersten Album In A Reverie. Wenn man es recht bedenkt hat diese Band für die
relativ kurze Bandgeschichte wirklich einen steilen Aufstieg erlebt, wenn auch sicherlich nicht im
Metalsektor. So war der Auftritt zwar sehr atmosphärisch und die Position in der Running Order
sicherlich gerechtfertigt, aber durch die sehr ähnlichen Songs war das ganze doch etwas monoton. Das
soll jetzt allerdings weniger ein Kritikpunkt sein, als ein schlichter Eindruck.
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Rausschmeißer und ein weiterer Höhepunkt des Festivals waren dann definitiv Pain! Letztes Jahr mit seiner Death Metal-Combo
Hypocrisy anwesend, schlug Arbeitstier Peter Tägtgren diesmal mit seinem Industrial Metal Projekt zu,
und das mit voller Wucht! Eine Dampfwalze nach der anderen hieb er uns stampfend und ohne Umschweife
um die Ohren, da blieb kein Moment der Ruhe und kein Auge trocken. Seit dem Auftritt zur selben Zeit
auf dem Breeze 2002 hat sich einiges getan, 2 neue Releases mit jeder Menge neuem Hitmaterial, neues
Livelineup, etcpp. Vom neuen Album gabs dann auch die Hits Dancing With The Dead und Same
Old Song, von Nothing Remains the Same gab es u.A. Shut Your Mouth und das geniale
sowie brachiale Beatlescover Eleanor Rigby, den Schwerpunkt bot erstaunlicherweise tatsächlich
das Debütalbum Rebirth! Aber kein Wunder, gerade die beiden abschließenden Songs On And
On und Suicide Machine verlieren einfach nicht an Wucht! 45 Minuten industrieller Maßarbeit
sollten auch den letzten, versoffenen Penner geweckt haben und damit haben Pain ihren Job als
Festivalabschluß hervorragend geleistet. Besser hätte es fast nicht enden können, das Summer Breeze
Open Air 2005. Vielen Dank!
| einleitung | donnerstag | freitag | fazit
Bericht:
Alexter, kAoSKoBoLd
Photos: Alexter, kAoSKoBoLd
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