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Bericht RockMania Open Air 2008 einleitung | freitag | fazit
Um 8 Uhr morgens ist es im Zelt nicht mehr auszuhalten, bis zur ersten Band sind es allerdings noch ein paar Stunden, so daß erst mal in Ruhe gefrühstückt und vor sich hingegammelt wird.
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Die Opener für diesen Tag sind die Saarländer Godslave. Obwohl sie als erste Band auf die Bühne gehen, schaffen sie das Kunststück mehr Zuschauer zu ziehen als die beiden Bands nach ihnen zusammen. Ob das auf die dezente Werbung (ein großes, nicht zu übersehendes Plakat auf dem Campingplatz) zurückzuführen ist? Aber auch 20 Leute sind immer noch nicht wirklich viel. Die Band gibt sich jedoch souverän und insbesondere Sänger Thomas Pickard zeigt seine Qualitäten als Entertainer. Songs wie Out Of The Ashes oder Dead Reckoning machen Laune und lassen die Anwesenden ordentlich die Matte schwingen. Auf der Bühne wird gepost als stünden hunderte davor und es kommt sowas wie Stimmung auf. Leider ist der Auftritt viel zu früh vorbei, gedankt wird dem Engagement des Fünfers mit Zugaberufen.
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Die anschließend spielenden Parsifall haben dann nur noch etwa fünf bis zehn Zuschauer. Bassist Twist dreht denn auch demonstrativ dem Publikum meist den Rücken zu. Im Grunde war es sowieso nur eine Probe mit Zuschauern. Der Rest der Band versucht jedoch das Beste aus der Situation zu machen, kann allerdings mit der hardcorelastigen Mukke nicht wirklich punkten. Songs wie Another Place, Kill The Cain oder Cleaver haben kaum Wirkung auf das Publikum, obwohl Sänger Dave sich viel Mühe gibt und trotz der kaum vorhandenen Zuschauer ausführliche Ansagen macht. Lediglich bei Blood Flood kommt etwas Stimmung auf. Mit The Nest verabschieden sich die Vier, bedanken sich bei den paar Anwesenden für’s Kommen und damit ist der Auftritt dann auch schon vorbei.
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Mit Perfect Engine betritt eine weitere Thrash/Hardcore-Kapelle die Bühne des Rock Mania und auch sie können nicht gerade von großem Zuschauerzulauf sprechen. Musikalisch ist die Band ja mal gar nicht meine Baustelle, man würde sich besser Perfect Gerumpel nennen, denn mehr ist es nicht, was da produziert wird. Die einzelnen Songs hören zwar auf Namen wie The Hate, Dead Dog, Monster, Stay Away oder Towers, im Großen und Ganzen hört sich jedoch alles gleich an. Irgendwie langweilig eben. Bei Mushroom kann man dann noch einen Gastsänger auf der Bühne verzeichnen. Einigen Leuten scheint die Chose der Jungs tatsächlich zu gefallen, ich bin froh, als es rum ist.
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Nach so viel Thrash und Hardcore sind die Tiroler Serenity mit ihrem Progressiv Power Metal eine willkommene Abwechslung. Es tut richtig gut, endlich mal wieder Melodien zu hören. Sie haben zwar wesentlich mehr Publikum als die bisherigen Bands, müssen sich aber dennoch weit unter Wert verkaufen. Wo stecken bloß die ganzen Leute? Die Band beginnt zunächst mit Forever und Canopus 3, Stücken des noch aktuellen Albums Words Untold & Dreams Unlived. Anschließend stellt man mit All Lights Reserved und Rust Of Coming Ages gleich zwei neue Songs des kommenden Albums Fallen Sanctuary vor, die beide gut ankommen. Vor allem letzterer bollert sehr ordentlich und macht Lust auf das neue Album. Dabei zeigt die Band eine sehr engagierte Show, insbesondere Sänger Georg Neuhauser kann keine Sekunde stillstehen und läuft jeden Quadratzentimeter der Bühne ab. Als echte Stimmungskanone macht er das beste aus dem Zuschauermangel, denn wie fast alle Bands, die bisher auf dem Rock Mania aufgetreten sind, müssen auch Serenity gute Miene zum bösen Spiel machen. Neben Circle Of My 2nd Life vom aktuellen gibt es mit Coldness Kills noch einen neuen Song, bevor der Auftritt mit Reduced To Nothingness beendet wird. Schade, daß diesen Auftritt nicht mehr Leute gesehen haben. Serenity sind zwar vielleicht nicht das höchste der Gefühle, aber etwas mehr Aufmerksamkeit hätten sie schon verdient gehabt.
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Über mangelnde Aufmerksamkeit kann sich die folgende Band nicht beklagen. Cripper eilt ihr Ruf als Thrash Metal-Brett voraus und so können sie ungewöhnlich viele Zuschauer verbuchen, die die Band mit der zierlichen Growlröhre an der Front abfeiern wollen. Bei den Hannoveranern herrscht von Anfang an eine ganz andere Stimmung als bei den restlichen Bands, das Publikum scheint nur auf sie gewartet zu haben. Mit Trapped und Vicious Condition ballert man auch gleich los und Sängerin Britta Görtz unternimmt gerne mal Ausflüge in den Fotograben oder gleich ins Publikum. Der Rest der Band legt ebenfalls los als wenn es kein Morgen gäbe und so haben alle mächtig viel Spaß. Trotzdem gelingt der Circle Pit zu Shortcut erst nach mehrmaliger Aufforderung durch Britta, die wie wildgeworden über die Bühne hopst. Bei der Ansage zu Attention Deficit verschlägt es der Sängerin dann jedoch beim Anblick einiger in feminine Strandmode gekleideter Herren fast die Sprache („Ja, wie seht denn ihr aus!???“), dafür gibt es hier aber einen amtlichen Circle Pit inklusive Rollstuhlfahrerbeteiligung (!). Mit Fire Walk With Me rockt man so richtig das Haus bzw. die Halle und einige Fans liegen schon jubelnd am Boden, bevor man mit Black Terra noch einen draufpackt. Cripper sind ganz klar die Gewinner des heutigen Tages und haben sich den Jubel und die Zugaberufe mehr als verdient. Aus dieser Band kann noch was Großes werden!
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Die ungewaschenen Krieger aus Niederbayern erstürmen nun die Bühne. Endlich stehen einmal ein paar Leute vor der Bühne, wenn es auch weniger sind als bei Cripper. Obwohl Wolfchant im Grunde nur eine Kopie sind und im Strom der gerade herrschenden Viking Metal-Welle mitschwimmen, kommen sie sehr gut an, was aber auch am Heimvorteil liegen könnte. Auf jeden Fall hat man die definitiv hässlichste und zur Musik unpassendste Gitarre des gesamten Festivals am Start. Clan Of Cross und Ride To Ruhn werden von den Fans gefeiert, auch wenn die simplen Melodien in meinen Augen nichts besonderes sind. Aber bitte, wem’s gefällt. Stärkend Trunk aus Feindes Schädel ist sehr pathetisch, dafür wird bei Midnight Gathering ordentlich getanzt und geklatscht und es reicht sogar für die Forderung einer Zugabe.
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Während Wolfchant noch versuchen, böse zu wirken, bricht mit Sworn pure Bosheit und Wut über uns herein. Norwegische Kälte legt sich wie eine dicke Schneeschicht über die Frankenhalle, als die einzige Black Metal-Band des Festivals losbrettert. Mit gerade mal einem Album in der Hinterhand startet man mit Derived, bevor man dann Alleviation den Titelsong der aktuellen Scheibe The Alleviation anstimmt. Der Song groovt ziemlich gut, allerdings will nicht so recht Stimmung aufkommen, zumal die armen Norweger vor fast leerer Halle spielen. Man verzichtet auf übertriebenes Corpsepaint, dafür beeindruckt Sänger Max Wilson dank Kontaktlinsen mit seinem irren Blick. Silhouettes Of A Broken World bollert richtig geil rein und groovt wie die Hölle. So klingt guter Black Metal! Dafür gibt es dann bei Vivid Visions weniger Melodie und mehr Gehämmer. Die Norweger liefern eine gute Bühnenshow ab, hier wird nicht sinnlos rumgepost, nur gerade soviel wie nötig ist um eine diabolische Stimmung aufkommen zu lassen. So langsam erwacht auch das Publikum aus seinem Winterschlaf und bei The Beauty Of My Funeral gehen die Anwesenden richtig ab. Der Song hat aber auch einiges an Potential. Allerdings kommen die Stücke live deutlich härter und rumpeliger rüber als auf CD und leider ist der Gesang sehr oft kaum zu hören. Dennoch ein genialer Auftritt von Sworn, der jedoch bedauerlicherweise wenig Beachtung findet
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Krasser könnten die Gegensätze wohl kaum sein. Nach dem rohen Schwarzmetall aus dem hohen Norden erwartet uns nun süßes Elfengesäusel aus dem Süden. Dabei haben Edenbridge gerade am Anfang bei Songs wie Remember Me und Wild Chase mit extrem schlechtem Sound zu kämpfen, was bei ihrer Art von Musik besonders negativ auffällt. Wirklich erschreckend ist jedoch, wie wenig hier los ist. Mittlerweile ist es 20:00 Uhr und gerade bei Edenbridge, die ja nicht gerade unbekannt sind, hätte ich wesentlich mehr Zuschauer erwartet. Vielleicht ist die Musik der Österreicher den meisten Besuchern aber auch einfach zu soft. Zudem kommt viel vom Band. Die anwesenden Fans jedoch bejubeln den Auftritt des Fünfers, der neben Songs der aktuellen Platte mit Shine und Evermore auch ein paar ältere Stücke auspackt. Zum Abschluß des Auftritts gibt es dann ein Dreierpack neuer Songs, nämlich Paramount, Fallen From Grace sowie das epenhafte Titelstück MyEarthDream. Ganz schön mutig, ein so langes Stück live zu spielen. Im Grunde hat die Band einen guten Auftritt abgeliefert, allerdings finde ich die Musik auf Dauer etwas langweilig, da die Songs doch irgendwo alle gleich sind. Selbst das als schneller angekündigte Fallen From Grace weicht nur unwesentlich vom allgemeinen Schema ab und auch für den Gesang von Sängerin Sabine Edelsbacher wäre variabel die falsche Bezeichnung. Von Edenbridge hätte ich mir mehr erhofft.
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Und wieder geht es in den Norden. Svartsot aus Dänemark sind gekommen, um uns die Welt der Wikinger näher zu bringen. Und obwohl auch diese Band gerade mal ein Album herausgebracht hat und in Deutschland nicht wirklich bekannt ist, können die Mannen um Sänger Claus Gnudtzmann die bisher größte Zuschauerzahl für sich verbuchen. Von Anfang an geht das feierwütige Publikum mit und Claus stachelt die Fans problemlos weiter an. Da wird in den Graben gesprungen, da werden Hände geschüttelt und ganz gezielt die Nähe des Publikums gesucht. Es herrscht allgemein gute Stimmung auch wenn mangels Dänischkenntnissen kaum jemand mitsingt. Zudem verfügt man noch mit Steward C. Lewis über den wohl fröhlichsten Flötenspieler überhaupt, der sich zudem noch als extrem trinkfest erweist. Man merkt der Band an, dass sie in letzter Zeit einige Auftritte absolviert hat; sie wirkt viel routinierter, besser aufeinander eingespielt und nicht mehr so schüchtern als noch im Januar in Lübeck. Daumen hoch, endlich herrscht hier in dem Laden mal Stimmung!
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Und die können Alestorm locker halten, ja sogar noch einen draufsetzen. Und dabei ist das heute ihr erster Auftritt in Deutschland überhaupt. Zur Überraschung aller begrüßt Sänger Christopher Bowes, der in der Regel nur Chris genannt wird und irgendwie eher an einen hyperaktiven Hobbit denn an einen Piraten erinnert, das Publikum auf Deutsch. Doch schnell schwenkt er wieder zur Muttersprache um, denn „Ich spreche kein Deutsch, so I continue in english“. Dennoch hat er jetzt bereits alle Sympathien auf seiner Seite. Mit Terror On The High Seas als Auftakt können die Piraten auf viel Gegenliebe im Publikum stoßen und so kommt richtig Stimmung auf, die sich bei The Huntmaster mit seinem genial-bescheuerten Refrain „With the power of Ale he could not fail“ noch steigern kann. Sowohl Sänger als auch Gitarrist entpuppen sich als echte Entertainer und mit ihren dubiosen Klamotten (O-Ton Gitarrist Gavin Harper: „keine Hose kann so häßlich sein wie mein Gesicht!“) machen sie ordentlich was daher. Nancy The Tavern Wench sorgt mit seiner Schunkelmelodie für weitere Stimmung und Headbangen im Publikum, während auf der Bühne zärtlich gekuschelt wird. Sehr cool sind auch die Ansagen von Sänger Chris, der dazu gerne mal ganze Strophen aus dem betreffenden Stück aufsagt, was bei Kennern der Lyrik schon mal zu Freudenschreien führen kann, wie auch bei Wenches & Mead, das live leider nicht ganz so versoffen klingt wie auf Platte. Doch dann begeht er einen Frevel, der wohl nur Eingeweihten und wahrhaft Erleuchteten auffällt: Er sagt: „Vielen Dankeschön!“ Dabei hat darauf doch der einzig wahre Attila von Powerwolf das Copyright. So geht’s ja wohl nicht! Da der gute Mann jedoch auch seine Bratwürste sucht setzt er nun Segel Richtung Auftrittsende, kann die Massen zuvor jedoch problemlos erobern – Set Sail And Conquer. Bei der anschließenden Bandvorstellung geht ihm dann sein famoses Umhängekeyboard flöten, was zu der genialen Aussage „And this is our guitar player Fuck!“ führt. Mit Captain Morgan’s Revenge geht der Auftritt des lustigen Vierers leider schon zu Ende und die Piraten verabschieden sich von uns. Schade, denn den Schotten hätte man noch stundenlang zusehen und –hören können. Und an Chris Bowes ist ein echter Entertainer verloren gegangen.
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Wie schon mein Englisch-Lehrer immer sagte: J.B.O. sind fürs Klo! Ich kann mit dem dubiosen „Humor“ der Pseudofranken ja so rein gar nichts anfangen und bei Pastellfarben schlägt bei mir generell immer der Fluchtinstinkt an. Aber jetzt bin ich schon mal da, dann muß man da wohl auch durch. Man beginnt den Auftritt mit Mei Alde is’ im Playboy drin und zum hundertdrölfzigsten Mal rennt einer mit einem gefakten Nacktbild von Sänger Hannes G. Laber über die Bühne. Wer bitte findet das noch lustig? Scheinbar das ganze Rock Mania. Der Vierer kann das zahlreichste Publikum des gesamten Festivals verzeichnen, die Fans singen, brüllen, schreien und bangen was das Zeug hält und überall springt einem rosa ins Gesicht. Bolle wird begeistert mitgesungen und den komischen glitzernden Elvisverschnitt bei Rock Music kann sogar ich fast witzig finden. Obwohl der vermutlich auch schon ewig alt ist. Arschloch und Spaß dabei wird von der ganzen Halle lauthals mitgegrölt, und bei Head Bang Boing entschließen wir, dass wir nun genug gelitten haben und lassen diesen rosafarbenen Ort des Grauens hinter uns.
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Draußen ist keine Menschenseele, außer ein paar Unentwegten am Backstage-Eingang, die unsere J.B.O.-Antipathie teilen, so daß man schnell in ein Gespräch verwickelt ist, in das sich auch noch das ein oder andere Bier einflechten. Und wo Bier ist, können Alestorm nicht weit sein und so gesellen sich Sänger Chris und Drummer Doug Swierczek alsbald zu uns. Chris präsentiert uns seine umfassenden Deutschkenntnisse, brüllt ununterbrochen wahlweise „Bierstuuuuurm“, „Müsli“ oder „Bratwürst“, wünscht jedem Vorbeikommenden „Tschu-uß“ und beginnt zu vorgerückter Stunde, mit dem Asphalt Zärtlichkeiten auszutauschen. Sehr unterhaltsame Zeitgenossen also.
Geniale Geschichte am Rande: Alestorm-Sänger Chris verschwindet irgendwann, um seinen Drummer zu suchen, da sie bald losfahren müssen. Etwa eine halbe Stunde später taucht Doug bei uns auf und fragt nach Chris. Ende des Liedes: Der Sänger ging verlustig und konnte vom dreiköpfigen Alestormsuchkommando erst gegen 5:00 aufgefunden werden
soviel zum Thema „Wir müssen gleich los!“
Auch die nach J.B.O. spielenden Koma schenken wir uns. Wer bitte braucht eine Onkelz-Coverband?
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