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Bericht Rock Area Open Air 2008 einleitung | samstag | fazit
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Eigentlich wäre unsere erste Band auf dem Rock Area der Newcomer Hit ohnegleichen Hackneyed
aus Schwaben gewesen, die es trotz ihres Alters ja scheinbar geschafft haben einen schieren
Raketenstart hinzulegen. Leider fällt ihr Auftritt aber wegen Krankheit aus, ein Ersatz ist
aber schnell gefunden in Form der saarländischen Band Banished Force, die sich ebenfalls
eindeutig als 'Nachwuchs' bezeichnen dürfen, denn die Mitglieder sind allesamt knapp volljährig,
wenn überhaupt. Von der Optik her fühlt man sich zunächst mal wieder an eine Wiederauferstehung
der frühen Thrash Metaller erinnert, was man ja neuerdings wieder häufiger sieht, aber diese Jungs
schaffen es zudem auch noch den Eindruck akustisch zu bestätigen und alle, die sich auf Grund
ihres Alters im Vorraus ein Urteil erlaubt haben, eines besseren zu belehren.
Viele sind es aber noch nicht, die eines besseren belehrt werden können, denn man merkt deutlich,
dass die Festivalsaison am Ende ist und nur noch Wenige Urlaub über haben. Der Freitag zeigt
insgesamt sehr deutlich, dass die meisten Besucher wohl direkt aus der Umgebung und erst nach der
Arbeit kommen. Den Jungs von Banished Force macht das aber nicht viel aus und sie legen,
insbesondere in Anbetracht der spontanen Planung, einen sauberen und überzeugenden Auftritt hin!
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Mit Benighted ist es dann auch schon wieder vorbei mit dem Lokalkolorit, obschon man deren
Herkunft mit Frankreich wenigstens als Nachbarschaft bezeichnen könnte. Wurstegal, hier gehts um
die Musik und die ist, wenn man das, was da so aus den Boxen dröhnt noch so bezeichnen will, verdammt
heftig! Die Franzosen beweisen lebhaft, dass man auch bei den Nachbarn weiß, was es heißt aus den
Instrumenten alles rauszuholen und einen technisch ordentlichen Grindcore zu produzieren! Musikalisch
gesehen dann auch genau der richtige Aufheizer für das, was folgen soll, obwohl die Herren aus
Hannover, die jetzt die Bühne betreten werden, mit nicht ganz so ernsten Gesichtern bei der Sache sind.
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Wie auch, immerhin sind die Excrementory Grindfuckers mehr Komiker und Satiriker als Musiker. Die
beiden Frontmänner Him und Rufus, die abwechselnd auf der Bühne rumhampeln und ihre Instrumente bedienen,
heizen die Menge vor der Bühne zwischen den Songs immer weiter auf und reißen einen albernen Witz nach dem
anderen. Der Spaß passt aber gerade gut an den Nachmittag und zum Sonnenschein. Wer nicht gerade aus Spaß
an der Freude vor der Bühne pogt oder sich vor Lachen den Bauch hält, hat es sich am Hang vor der Bühne
gemütlich gemacht und genießt die Show aus sitzender Position mit einem Bier in der Hand und einem Grinsen
im Gesicht.
Passend dazu liefern die Hannoveraner ihre übliche Melange aus Coversongs, wie dem berühmten 'Es gibt kein
Grind auf Hawaii', Samballerei mit der Textzeile 'Tanze Grindcore mit mir die ganze Nacht',
'I've been looking for Grindcore' frei nach David Hasselhoff und einem finalen 'Final Grinddown',
und eigenem Material, wie dem 'Staatsgrind Nummer 1' oder dem unvergesslichen 'Picknick im Zenit
metaphysischen Wiederscheins der astralen Kuhglocke'. Wer jetzt glaubt, es ginge nicht alberner, der irrt,
denn das Paket wird dazwischen noch 'aufgelockert' durch eine hervorragende Interpretation von EAVs 'Fata
Morgana' oder einem 'Ententanz', für den Him die anwesenden Junggebliebenen zum Mitmachen auffordert.
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Irgendwann ist aber auch das interaktive Kindernachmittagsprogramm vorbei und wir kehren zum Ernst des Lebens
zurück. Viel ernster könnte es auch kaum werden, als aus den Boxen die deutsche Nationalhymne ertönt und vier
New Yorker mit ernsten Gesichtern die Bühne betreten. Mit Pro-Pain geht es los mit den großen, internationalen
Bands und vor allem mit einem wahren Urgestein in Sachen Hardcore und Metal. Die Band, die '92 vom Sänger Gary Meskil
gegründet wurde, ist irgendwie doch so eine Art Vorläufer einer ganzen Trendbewegung, die sich auch dem Rock Area dieses
Jahr noch mit Bands wie Neaera und Caliban zu Wort melden soll. Trotz der vielen Jahre auf dem Buckel machen die New
Yorker so viel Dampf wie eh und je und haben natürlich auch einiges an Material zur Vorführung bereit. Die guten
60 Minuten sind also ein guter Durchschnitt durch sämtliche Schaffensjahre und enthalten unter anderem 'Smoking Gun',
'Shine', 'Fuck it', 'Get real' und 'Make War not Love'. 60 Minuten, in denen es die
vier Amerikaner schaffen vor Bühne doch schon eine ansehnliche Menge Zuschauer zu versammeln und ordentlich durchzuwirbeln!
Einen gewissen Unmut erkennt man in einigen Gesichtern, als der traditionelle Coversong 'Terpentin' der aufgelösten
Böhsen Onkelz dargeboten wird, aber wer Pro-Pain kennt weiß von der tiefen Freundschaft, die die Mitglieder beider
Bands verbindet. Wenn man sich also durch sowas unbedingt gestört fühlen muss, sollte man sich vorher genauer informieren
und meinetwegen fernbleiben. Den Abschluß bildet 'All for King George' und lässt den Auftritt sauber ausklingen.
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Der totale Genrewechsel mit der nächsten Band kommt den durchgeschwitzten Fans von Pro-Pain zu Gute, denn er bietet
eine echte Erholungspause. Weiter geht's nämlich mit den reformierten Crematory, vorgestellt und repräsentiert
durch einen gewichtigen Felix, der es scheinbar schafft seine Statur jedes Jahr noch ein bißchen zu erweitern und sie
dennoch mit einem gewissen Maß an Würde über die Bühne zu bewegen. Seine Ansagen gibt Felix wie üblich auf englisch
von sich, was auf einem kleinen Festival dieser Größe fast noch unangebrachter wirkt, als auf einem großen, internationalen,
vielleicht wechselt er später dann doch deswegen auch auf Deutsch über. Bevor es dazu kommt gibt es aber noch ein paar
altbekannte Songs wie 'Fly' und 'Tick-Tack'. Mit seinen seltsamen Anekdoten macht sich Felix dann auch nicht
gerade beliebt beim Publikum, denn als er nach seiner Erzählung, dass er selber 9 Jahre im Saarland gelebt habe auf einen
Ruf aus der Menge, dass das Saarland Scheiße sei dieses bestätigt, erntet er berechtigte Buh-Rufe. Aber auch ohne diesen
offensichtlichen Eklat (ich hoffe, das wird als Ironie verstanden) überzeugen die Gothicurgesteine nicht. Die Songs werden
mit wenig Enthusiasmus vorgetragen und wenn es tatsächlich notwendig ist mit einem Slayer-Coversong doch noch ein bißchen
Jubel zu ernten und dieser dann auch stärker hochkommt, als bei sämtlichen eigenen Songs, ist das immer ein ganz schlechtes
Zeichen. Dabei haben auch die eigenen Lieder wie 'Tears in Time' oder 'The Fallen' nie an Qualität verloren,
einzig vielleicht die Musiker selber. Leider ein wenig überzeugender Auftritt...
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Ganz anders dagegen die folgenden Herren, erneut aus deutschen Landen. Ich muss mich bei den Lesern entschuldigen, dass
ich schon wieder den Begriff 'Urgestein' verwende, aber anders kann man das Trio um den deutschen Thrash Gott 'Onkel'
Tom Angelripper kaum bezeichnen. Genau, ich spreche von niemandem geringeren als den Thrash Ikonen Sodom, die
es nach 17 Jahren endlich mal wieder ins Saarland geschafft haben! Und offensichtlich ist diese Tatsache vielen Fans
bewußt, denn wo bei Crematory der Platz vor der Bühne noch einige, lichte Stellen aufwies, ist der Platz jetzt ordentlich
voll und die Zuschauer stehen bis hoch am Hang. Tom, Gitarrist Bernemann und Drummer Bobby wissen das auch zu würdigen
und feiern ein Wiedersehen, dass die Stimmung auf einen absoluten Höhepunkt prügelt. Klar, dass die Anwesenden auf
die Klassiker warten, aber die Gelsenkirchener spannen sie erstmal auf die Folter und beginnen mit einem aktuellen
Song vom '06er Album 'Blood on your Lips'. Dann geht es aber immer weiter zurück in der Bandgeschichte, bis hin
zur '84er EP 'In the Sign of Evil', von der wir ein 'Blasphemer' um die Ohren kriegen. Als Herr Angelripper
in wenig freundlichen Tönen eventuell anwesende Zeugen Jehovas vom Festivalgelände komplimentiert ist klar, das der nächste
Song 'Wachturm' heißen wird! Später dürfen aber natürlich auch 'Agent Orange', 'Bombenhagel' und
'Ausgebombt' nicht fehlen. Selbst wer Sodom vorher nur namentlich kannte weiß jetzt, warum die Band einen berechtigen
Kultstatus in der Metalszene für sich beanspruchen darf! Komplimente zurück gibt es aber auch von Tom, der sich sowohl bei
der Organisation als auch bei dem Festivalpublikum bedankt. Ein Mann, der weiß was sich gehört... naja... Den Eindruck weiß
er sicherlich bei seinem späteren Soloauftritt wieder zu verwischen.
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Der Headliner des Freitags ist immerhin aus Brasilien angereist und wird seinem Status gerecht. Soulfly verwandeln
den Platz zwischen Bühne und Mischerturm (naja, Mischerzelt) in einen Hexenkessel! Nach einem kleinen Ethnointro legt die
Band um Frontlegende Max Cavalera los mit 'Blood Fire War Hate' und zeigt, dass auch das aktuelle Album Conquer
eine in Silber gepresste Dampfwalze ist. Herr Cavalera übrigens, eigentlich wie immer, mit kleiner Botschaft in Form eines
T-Shirts, dass heute eiens von Sodom ist. Ein kleiner Tribut an die Vorgänger, für die einstmals Max mit Sepultura die
Vorband machen durfte. Wo wir schon beim Thema Sepultura sind folgt relativ bald auf den Opener auch schon Roots, so ganz
ohne die Wurzeln will Max es wohl nicht angehen lassen. Später bestätigen das auch noch diverse Medleys, in denen Cavalera
alte Sepultura Songs zumindest kurz anklingen lässt, darunter natürlich 'Refuse / Resist', aber sogar richtig alte
Songs wie 'Beneath the Remains'. Für 'Troops of Doom' gesellt sich dann noch Max Sohn Ritchie auf die Bühne,
inzwischen mit Bart und selbst ein gestandener Mann, und hilft Papi dabei die vor Schweiß dampfende Menge noch ein bißchen
weiter in die Raserei zu treiben.
Aber auch der Rest der Band versteht es mittlerweile die Masse zu unterhalten, so ist Gitarrist Marc Rizzo eine Einmann Armee
an den Saiten geworden, der in minutenlangen Gitarrensoli Verschnaufpausen für seine Kollegen erspielt. So überzeugen die
Brasilianer natürlich auch mit ihrem eigenen Material, 'Jumpdafuckup' fehlt freilich nicht, und liefern einen runden
und verdammt harten Auftritt ab!
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Nachdem die Hauptbühne mit Soulfly genug malträtiert wurde, sollte der Freitag eigentlich gemütlich mit einem weiteren
grotesken Auftritt der Berliner Knorkator im Partyzelt enden. Das war ansich mit der Hauptgrund für unseren Besuch,
denn Knorkator werden sich im Herbst auflösen. Leider wurde auch Knorkator ein Krankheitsfall zum Verhängnis und der Auftritt
kurzfristig abgesagt. Zum Glück gibt es aber da noch die Rumänen von Powerwolf, die schnell zur Stelle waren! Es ist
immer wieder überraschend, WIE schnell die Wölfe in Not einspringen, aber um ehrlich zu sein will ich gar nicht genauer wissen,
wie sie das anstellen, die Mannen um Frontpriester Attila Dorn sind so schon unheimlich genug! Und unheimlich viel Stimmung
machen sie auch immer wieder, wenn sie das Publikum enthusiastisch fragen: 'Would you die for heavy metal?'. Aber auch
das aktuelle Material von der neuen Scheibe Lupus Dei funktioniert gut, einzig das Publikum scheint Attila zu müde zu
sein. 'Sind sie müdeee? Schreien sie mich an!', verkündet er, und erntet den Jubel seiner Anhänger.
Zugegeben, wir SIND zu müde und müssen den letzten Gig des Abends von Onkel Tom zu Gunsten unserer Nachtruhe ausfallen lassen.
Aber wir wissen ohnehin, dass der Auftritt gut sein wird und hauptsächlich in einem NOCH höheren Alkoholpegel unter den
Besuchern resultieren wird, als er ohnehin schon ist.
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einleitung | samstag | fazit
Bericht:kAoSKoBoLd
Photos: Alexter, kAoSKoBoLd
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