21.04.2008 Saarbrücken, Garage:
ENSIFERUM
KORPIKLAANI
MOONSORROW
TÝR
ELUVEITIE
HERALDER
Mit dem Paganfest ist ein überaus hochwertiges Package an Folk Metal-Bands in Europa unterwegs, das heute Station in Saarbrücken macht. Die Nordmänner haben gerufen, und Hunderte sind diesem Ruf gefolgt. Die Garage ist wesentlich besser gefüllt, als ich erwartet habe und so verspricht dies, ein äußerst unterhaltsamer Abend zu werden.
Als erste Band betreten Heralder, des Saarlands gebriefteste Pagan Metal-Band, die Bühne. Obwohl die Hochwälder schon etwa 30 Minuten nach Einlaß und damit vor dem offiziellen Beginn anfangen müssen, hat sich bereits eine ansehnliche Meute vor der Bühne versammelt. Mit Queen Of Snowfall präsentiert man schon sehr früh eines seiner besten Stücke, kann dafür die Menge aber ordentlich mitreißen. Offenbar hat man auch einige beinharte Fans mitgebracht, die die erste Reihe besetzen und Songs wie A Legend Of Victory mitsingen oder einfach nur Heralder-Sprechchöre starten. Oder der Band zum Battleground folgen und gemeinsam mit ihr in die Schlacht ziehen. Heralder können sich endlich einmal auf einer Bühne richtig ausbreiten und legen auch gleich einen ihrer besten Auftritte hin. Die bereits zahlreich anwesenden Fans wenden sich größtenteils der Bühne zu und nicht dem Bierstand, wie es ja sonst oft das Schicksal lokaler Vorbands ist. Sogar der neue Song, der uns heute Abend präsentiert wird, kommt richtig gut an. Heralder passen aber auch perfekt ins Konzept des Paganfestes und von daher kann man nur sagen: Alles richtig gemacht.
Die Schweizer Eluveitie, die sich jeden Abend mit Týr auf der Position des Openers abwechseln, entern nun unter Jubelschreien die Bretter. Mit Inis Mona vom neuen Album Slania eröffnen sie ihren Set und sofort wacht die Menge in der Garage wieder auf. Da wird gebangt und gesprungen, gesungen und geklatscht, und die Band auf der Bühne steht dem Publikum in nichts nach, ja der Aktionsradius eines Sevan Kirder will erst einmal erreicht werden. Dennoch wirkt das Publikum im Vergleich zu manch anderen Orten, an denen die Tour Station gemacht hat, eher verhalten. Die neuen Songs z.B. Gray Sublime Archon kommen jedoch genauso gut an wie die älteren Stücke. Bei den Ansagen wird Chrigel Glanzmann wie immer von Sevan Kirder unterstützt und gemeinsam werden die Fans zu immer neuen Jubelstürmen angeheizt. The Somber Lay macht gut Stimmung, aber wirklich rund geht es erst beim letzten Track Your Gaulish War. Die schweizerischen Multiinstrumentallisten sind wie immer sehr engagiert und sie ändern auf der laufenden Tour immer mal wieder die Setlist, so dass ihr Auftritt auch bei mehrmaligem Ansehen nicht langweilig wird. Dennoch ist im Publikum wesentlich weniger los, als man es sonst bei Eluveitie gewohnt ist. Ob es am Montag liegt? Oder einfach am Saarbrücker Publikum?
Ich tippe ja schwer auf den Montag, denn dass die nun folgenden Färinger Týr tatsächlich besser beim Publikum ankommen, ist wahrlich ungewöhnlich.
Das liegt an der eindeutig schwereren Kost, den die vier Inselkrieger fabrizieren, angefangen bei den komplizierten Melodien und endend bei Sänger Heris cleanem Gesang.
Mitsinghymnen sind auch eher schwer umzusetzen bei Liedtiteln wie Gandkvæði Tróndar, Sinklars Vísa oder Ramund Hin Unge, die unter anderem zum Besten gegeben wurden.
Schließlich sind nicht Viele des Färöischen mächtig, wie meine werte Co-Autorin. Färöisch, ja? Deswegen kamen die echten Hymnen und vermutlich daher auch
bekanntesten Songs von Týr Wings Of Time und vor allem Hail To The Hammer dann um so besser an! Sogar so gut, dass Týr lautstark um eine Zugabe gebeten wurden, als erste
Band an diesem Abend.
Vom Inselvolk ging die Reise dann endlich in den hohen Norden nach Finnland, dem Herkunftsland der nächsten und letzten drei heidnischen Bands des Paganfests.
Die erste davon sollten Moonsorrow sein, die den Sprung in die Kälte auch am deutlichsten vermittelten. Die mondsüchtigen Finnen konnten wir insbesondere
dieses und letztes Jahr bereits öfter bestaunen und man muss wirklich sagen, dass sie konstant ihr hohes Niveau halten können und es ihnen ohne sichtbare
Schwierigkeiten gelingt jedes Mal von neuem eine unglaubliche Atmosphäre aufzubauen. Wo man meist mit Pagan Metal fröhliche Lieder verbindet, die zum
Mitsingen und vor allem Mittrinken animieren bieten Moonsorrow eine eher mystische Stimmung, man könnte meinen, man kann die finnische Nacht in den verschneiten
Wäldern hören. Nicht umsonst wird bei vielen Beschreibungen Moonsorrows auch eine Prise Doom erwähnt, die der Mischung aus Folk und Black Metal ein wenig
Würze verleiht.
Damit das Publikum nicht doch noch einschläft kamen die folgenden Korpiklaani wie gerufen, denn mit ihrem Eintreffen ging ein
Ruck durch das Publikum und bereits während des ersten Songs war kein Halten mehr. Von unzähligen Crowdsurfern mal abgesehen, die bis
zum letzten Song kaum zur Ruhe kamen, war vor der Bühne nur noch ein wirbelndes Meer von Haaren und Menschen zu sehen, die ihren
Tanz nur unterbrachen, um sich gegenseitig oder den Musikern auf der Bühne zuzuprosten und sich dann ihr Bier schnell in den Schlund
zu Kippen. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich bei der Menge an Alben, die die Waldleute in den letzten Jahren rausgebracht haben,
wirklich den Überblick verloren habe und viele Songs mir neu waren! Den berühmten Hunting Song sowie die Saufhymne Beer,
Beer konnte aber auch ich nicht überhören.
Zu den instrumentalen Klängen des Victory Songs betreten die Finnen Ensiferum als Headliner die Bühne. Gekleidet ist man in blauweiße Röcke, die bei manch einem eher nach einer Zweckentfremdung der finnischen Flagge aussehen, zumindest bei der Keyboarderin aber durchaus zu kleiden wissen und die obligatorische Kriegsbemalung darf natürlich auch nicht fehlen.
Und wer gedacht hat, das Publikum hätte schon all sein Pulver bei Korpiklaani verschossen, der wird jetzt eines besseren belehrt. Sänger Petri Lindroos hat ganz recht, wenn er sagt „Here we don’t need One More Magic Potion!“ Auf die Ausspracheübungen bei Ahti verzichtet man mittlerweile zum Glück, und es zeigt sich, dass das Publikum auch durchaus in der Lage ist, das Wort korrekt auszusprechen.
So richtig Stimmung will allerdings nicht aufkommen. Ob die Meute vor der Bühne doch schon all ihre Kräfte bei Korpiklaani gelassen hat? Und warum man mit LAI LAI HEI eine seiner besten Nummern so weit nach vorne in der Setlist platziert, ist mir auch ein Rätsel.
Immerhin scheint es das Publikum aufzuwecken, so dass die Stimmung immer mehr steigt. Und mit Krachern wie Tale Of Revenge und Token Of Time fällt es nicht schwer, diese auch auf einem hohen Level zu halten. Zwischendrin streut man auch mal ein Medley ein, in dem man die verschiedensten Dinge verwurstet, unter anderem auch Maidens The Evil That Men Do.
Mit dem Victory Song gibt es dann gegen Ende nochmal ein Mitsingstück, bei dessen Refrain auch wirklich der ganze Saal inklusive anwesender Vorbands einstimmt. Gänsehautstimmung pur. Leider gibt es danach dann schon den „Last Song“, doch ohne Zugabe gehen Ensiferum nicht nach Hause und so spielt man nach kurzer Pause dann noch zwei Stücke, eines davon ist der Battle Song. Das Publikum schreit zwar noch nach einer zweiten Zugabe, doch spätestens, als das Banner abgebaut wird, ist klar, dass hier nichts mehr kommt und man verkrümelt sich recht schnell Richtung Heimat. Ensiferum waren musikalisch wie immer top, allerdings wird man das Gefühl nicht los, daß zwischen ihnen und den Fans eine unsichtbare Mauer steht, die keinesfalls durchbrochen werden darf. Mehr als das rockstarmäßige „Do you wanna hear some more??“ gibt es kaum zu hören. Trotzdem scheint es den Fans Spaß gemacht zu haben, wenn es auch längst nicht so viele Stagediver gab wie bei Korpiklaani.
Alles in Allem war das Paganfest aber ein sehr unterhaltsamer Abend ohne einen einzigen musikalischen Ausfall. Der Sound war größtenteils gut (nur bei Heralder waren die Sängerinnen schlecht zu hören), die Lightshow war ebenfalls gut und abwechslungsreich. Die Bands waren alle sehr engagiert und die meisten sind sich auch nicht zu schade, während der Auftritte der anderen Bands im Publikum herumzulaufen und sich mit den Fans zu unterhalten. Und wer seine Augen und Ohren nicht nur Richtung Bühne orientierte, der konnte noch einiges lernen. Z.B., dass einige Mitglieder von Eluveitie, Moonsorrow und Korpiklaani einen Terji Skibenæs (Týr-Gitarrist)-Fanclub mit eigenen Fanshirts gegründet haben („There is a little Terji in everyone of us!!“) oder daß Týr-Fronter Heri fest davon überzeugt ist, dass es eine Band namens „Unleserliches Bandlogo“ gibt. Oder man lernt die ein oder andere Lebensweisheit, die einen sicher noch weit bringen wird („Look, there are Korpiklaani! Drunken, as always…“). Oder kann das blanke Entsetzen in den Augen eines Trolles sehen, wenn dieser erfährt, daß es in Finnland tatsächlich kein einziges Burger King Restaurant gibt. Ein großer Daumen nach oben auch noch an Chrigel Glanzmann von Eluveitie, der auch mal für Fans und Vorband Bier stiebizt. Als einziger Negativkritikpunkt sind hier die kurzen Spielzeiten der einzelnen Bands zu nennen. Vielleicht sollte man da lieber auf eine oder zwei Bands verzichten und dafür die anderen länger spielen lassen.
Die Frage stellt man sich vor allem, wenn man sich anschaut, dass Ensiferum headlinen durften. Sind die wirklichs so viel besser als der Rest? Irgendwie kann ich diesen Hype nicht so ganz verstehen, zumal die Innovation doch von Album zu Album stark nachlässt. Aber gut,
wieder so eine Sache, die die Zeit gerne von selber löst. Ganz interessant fand ich übrigens das Durchschnittsalter an diesem Abend, denn es war weit höher, als ich befürchtet hatte! Wenig war da zu verspüren von der vielseits befürchteten Pagan-Hype-Welle, ganz
im Gegenteil, die Damen und Herren vom alten Eisen der Metal Fans waren vielseitig zugegen und sichtlich begeistert!
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Autor: kAoSKoBoLd, Tyr Fotos: kAoSKoBoLd, Tyr
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