09.03.2008 Saarbrücken, Roxy:
BRAINSTORM
PAGAN’S MIND
POWERWOLF
Ursprünglich hätte das Konzert in der Garage stattfinden sollen, ist jedoch der geringen Nachfrage im Vorverkauf wegen ins deutlich
kleinere Roxy verlegt worden. Und der Plan „lieber ein proppevolles Roxy als eine maximal zur Hälfte gefüllte Garage“ geht voll auf. Zum
ersten Mal haben wir keinen Parkplatz mehr direkt beim Roxy bekommen, sondern müssen an der Straße parken. Auch das Roxy selbst ist bei
unserer Ankunft bereits gut gefüllt.
Schon bei der ersten Vorband, Powerwolf, drängen sich die Zuschauer an der Absperrung. Kein Wunder, denn die Lokalmatadoren
haben in ihrer Heimat Kultstatus. Entsprechend begeistert werden sie vom Publikum empfangen und Sänger Attila begrüßt seine Fans per
Handschlag. Vom ersten Song an singen diese Zeile für Zeile mit. We Take It From The Living und Prayer In The Dark,
eröffnen wie üblich den Set der Band. Und Sänger Attila berichtet uns dann ganz stolz, daß er 3 Kilo abgenommen hat, so daß er in
seiner Uniform nicht mehr wie eine Leberwurst (?!) aussieht. Trotzdem will er sich mit der gesamten Band an unserer Seele gütlich
tun und nach We Came To Take Your Soul begeht er auch noch die frevlerische Tat, auf den heiligen Sonntag den Saturday
Satan zu besingen. Zudem wurde dem Sänger von seinem Arzt eine Blutdiät verschrieben (wobei sich die Frage stellt, wer dieser
Arzt ist? Dr. Frankenstein vielleicht?). Was für den Mann jedoch keine Umstellung der Ernährungsgewohnheiten darstellt, denn In
Blood We Trust ist für ihn Programm. Und da nun bald Ostern vor der Tür steht, das mit seinen vielen Schokoladeneiern zur
Versündigung gegen Diäten einlädt, bringt man uns Mr. Sinister näher, der uns vor unseren Sünden bewahren soll. Mother
Mary Is A Bird Of Prey ist der nächste Song des Fünfers und wie bei jedem vorangegangenen Stück wird von den zahlreich
anwesenden Fans jede Zeile mitgesungen und die Hände sind fast immer oben. Mit seinen Ansagen hat Sänger Attila stets die
Lacher auf seiner Seite, wenn auch manchmal ungewollt. So will er jetzt demonstrieren, daß sein neuer toller Kelch auch ganz
toll klingen kann, indem man mit einem nassen Finger an dessen Rand entlang streicht. Wir Metaller sind jedoch unglaublich
klug und wissen daher, daß das nur mit Glas geht und daher wird recht schnell entdeckt, daß der Sänger die dubiosen Klänge mit
seinem Mund erzeugt. Dieses fiese Täuschungsmanöver wird denn auch auf dem Fuße vom zurückschwingenden Mikroständer gerächt,
der in einer heimtückischen Attacke versucht, Attila die Zähne auszuschlagen. Da hilft nur noch Beten, und so endet mit Lupus
Dei der Auftritt der Powerwölfe. Doch die Fans brüllen so lange nach einer Zugabe, bis die Band wieder auf die Bühne zurückkehrt
und uns noch Kiss Of The Cobra King kredenzt. Powerwolf haben wieder einmal bewiesen, daß sie eine unglaublich starke Liveband
sind und haben einen ihrer besten Auftritt hingelegt, trotz der extrem beengten Verhältnisse auf der kleinen Bühne. Aber ein guter
Priester braucht keine Kathedrale für eine mitreißende Predigt, ihm genügt auch eine Kapelle. Allerdings würde etwas Abwechslung
in der Liturgie dem Gottesdienst nicht schaden, sonst könnten die Gläubigen eines Tages gelangweilt sein.
Die Norweger Pagan’s Mind haben es richtig schwer, da nachlegen zu können. Während ihrem Auftritt sind die Reihen sichtbar
gelichtet und gerade zu Beginn kommt nicht wirklich Stimmung auf. Dazu kommt, daß die Band erstmal drei, vier Lieder spielt, bevor der
Sänger seine erste Ansage macht. Doch damit scheint das Eis gebrochen und das Publikum geht wesentlich mehr mit. Wer angesichts des
Bandnamens mit Folk Metal gerechnet hat, liegt hier jedoch völlig falsch. Denn die Norweger produzieren astreinen Prog Power Metal.
Angekündigt werden dabei nur Songs vom aktuellen Album God’s Equation, die auf martialische Namen wie United Alliance oder
auch seltsame Namen wie Atomic Firelight oder Alien Kamikaze hören. Dabei springt die ganze Band stets über die Bühne, als
hätten sie allesamt Hummeln im Hintern, und wenn Keyboarder Ronny Tegner mal grade nix zu tun hat, dann wird eben in der Luft
mitgetrommelt. Auch Sänger Nils K. Rue ist ständig in Bewegung, rennt jeden Quadratzentimeter der Bühne ab und schaut stets in die Runde,
als sei der Leibhaftige hinter ihm her. Insgesamt jedoch ist die Band wenig aufregend, eben typischer Prog Power Metal, kann jedoch gegen
Ende immer mehr Leute mitreißen. Nervig sind nur die Leute, die in jeder Spielpause mit Powerwolf-Sprechchören nerven müssen. Denn
schlecht sind Pagan’s Mind jetzt wirklich nicht und haben eine solche Behandlung auch nicht verdient.
Die Headliner lassen dann erst einmal auf sich warten. Obwohl Brainstorm keinerlei Bühnenaufbauten haben, dauert es ewig, bis
endlich das Licht im Saal erlischt und dann dauert es noch einmal eine halbe Ewigkeit, bis die Band die Bühne betritt. Man beginnt mit dem
Opener des aktuellen Albums, Falling Spiral Down. Obwohl das Album noch gar nicht so lange draußen ist, wird jede Zeile
mitgesungen. Das Roxy ist gut gefüllt und vor der Bühne kein Durchkommen. Als dann als zweiter Song der alte Hit Blind Suffering
angestimmt wird, gibt es kein Halten mehr. Sänger Andy B. Franck fragt, ob jemand etwas von der Todesgrippe abhaben möchte, die zur
Zeit in der Band grassiert (klar, immer her damit!) und erzählt, daß Saarbrücken die erste Station nach überstandener Krankheit ist,
die in den Genuß eines ungekürzten Sets kommt. Ganz überstanden scheint die Sache jedoch noch immer nicht, denn der Sänger rennt nach
fast jedem Lied zur Bühneseite, um sich von zwei „Pflegern“ hätscheln und tätscheln und Wasser reichen zu lassen. Hat was von Boxkampf,
fehlen nur noch die Handschuhe. Trotzdem schafft es der Mann, eine gute Gesangsperformance hinzulegen und auch der Rest der Truppe
scheint super aufgelegt. Hit folgt auf Hit, Songs wie Worlds Are Coming Through, Hollow Hideaway, Shadowland,
Inside The Monster (von Andy B. Franck als Inside a Monschda deklariert) werden Wort für Wort mitgesungen und das Publikum reißt
fast den Bau ab. Auch der neue Bassist Antonio Ieva wird bei seiner Vorstellung durch den Sänger abgefeiert als wenn es kein Morgen gäbe.
Doch nicht nur Altbewährtes wird bejubelt, auch die neuen Songs werden mit Freudengeschrei aufgenommen. Egal, ob das großartige
Fire Walk With Me (bester Song der aktuellen Scheibe und live der Hammer!), die Balladen End In Sorrow (Überraschung des
Abends) und Surrounding Walls oder der Banger How Do You Feel. Brainstorm beweisen, daß die neuen Songs nicht nur auf
Platte richtig gut sind, sondern daß sie auch live verdammt viel Druck machen. Das Publikum geht auch richtig mit, macht Stimmung ohne
Ende, die Hände sind fast immer oben und ständig werden der Band die Fäuste entgegengereckt. Selbstverständlich, daß man da zu einer
Zugabe zurückkommt. Dabei gibt es einen Klassiker von der Metus Mortis, Under Lights sowie mit All Those Words
einen der besten Songs von der Liquid Monster. Bei letzterem läßt Andy B. Franck die Fans als Mitsingspielchen die Melodie des
Refrains singen, und das Publikum singt noch weiter, als die Band die Bühne schon längst verlassen hat. Minutenlang wird gesungen,
Gänsehautfeeling pur, dann haben sich die Schwaben doch noch erweichen lassen und betreten, trotz deutlich sichtbarer Erschöpfung, ein
drittes Mal die Bühne. Painside wird das endgültig letzte Stück, das an diesem Abend im Roxy erklingt, und Band und Zuschauer
geben noch einmal alles. Ganz großer Auftritt der Band, der man doch angemerkt hat, daß die Grippe noch nicht so ganz überstanden ist,
die aber trotzdem alles gab, was sie hatte und ständig am Lachen war. Andys Gesangsleistung war zwar nicht ganz das, was er
normalerweise kann, aber immer noch verdammt gut.
Ganz groß war auch das Publikum an diesem Abend. Gingen die Leute schon bei Powerwolf unglaublich ab, so ging es nach einer kurzen Verschnaufpause während Pagan’s Mind bei Brainstorm noch heftiger zur Sache. Trotz nicht ganz gefülltem Roxy wurde hier Stimmung gemacht ohne Ende, jeder Song wurde mitgesungen, es wurden Haare und Fäuste geschüttelt, Brainstorm mit minutenlangen Gesängen zu einer zweiten Zugabe zurück auf die Bühne gebrüllt – kurz, das bisherige Konzerthighlight des Jahres. Selbst schuld, wer das verpasst hat. Dennoch gibt es auch Negativkritik. Denn es war insgesamt einfach zu laut, bei Brainstorm ging es zwar einigermaßen, aber gerade bei den Vorbands war es sehr laut. Der Sound war größtenteils in Ordnung, schien bei Pagan’s Mind jedoch am besten. Daß der Sound bei der zweiten Zugabe des Headliners nicht gerade das Gelbe vom Ei war sei hier mal außen vor gelassen, da auf der Bühne schon mit dem Abbau begonnen worden war.
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