29.11.2007 Saarbrücken, Garage:
Icon Belphegor Finntroll Nile Six Feet Under
Gegen Weihnachten haben sich ja über die letzten Jahre einige Monster-Touren eingebürgert, die wohl als Konkurrenz zu
den Festivals im Sommer gedacht sind. Große, das heißt inzwischen teure, Bands, meist 5-6 Stück an der Zahl touren
durch Europa und machen Halt an einigen erlesenen Locations. Nach den X-Mas Touren der letzten Jahre gibt es daher
2007 das Metalfest, in diesem Fall mit Belphegor, Finntroll, Nile und Six Feet Under.
Normalerweise hätte man als Saarländer damit gerechnet, bis Frankfurt, Straßburg oder gar München fahren zu müssen und hätte bisher
wahrscheinlich recht behalten, denn prompt finden sich unter den Terminen die Frankfurter Batschkapp, das Backstage
in München, die RoFa in Ludwigsburg und der Hellraiser in Leizpig. ABER der Auftakt der Tour findet ausgerechnet in der
Saarbrücker Garage statt!
Tja, und wo mit SFU der Ex-Fronter von Cannibal Corpse aufschlägt, da ist auch eine Christa Jenal nicht fern. Ihr kennt
die nicht mehr? Dieser Dame haben wir es zu verdanken, dass früher Konzerte abgesagt wurden, die Gefahr für die Jugend sei
zu groß. Inzwischen haben die Zeiten sich geändert, in der Lokalzeitung wird fröhlich Werbung für das Metalfest gemacht und
Frau Jenal kann nur mit Leserbriefen warnen, was eine ziemlich neutrale Aufklärung über mögliche Gefahren von extremem Metal
zur Folge hatte. Aber laut Experten seien die Musiker der anreisenden Kapellen alles 'liebe Jungs'. Na, dann brauchen wir
uns um unser Seelenheil ja keine Sorgen zu machen!
Und als Opener konnte jeweils pro Veranstaltungsort eine lokale Band auf der Website des Metalfestes gewählt werden. In Saarbrücken sind
es Icon, die den begehrten Platz vor den Hauptbands ergattern konnten. Und sie erweisen sich als ihrer Position durchaus würdig.
Obwohl sie direkt nach Einlaßbeginn anfangen und ihr Set aus Zeitgründen um einen Song verkürzen müssen, können sie die Leute zum Bangen
bringen und schon mal auf die folgenden Bands vorbereiten. Man legt sofort los und ein paar Besucher beginnen auch schon, mitzunicken.
Die meisten müssen sich jedoch erstmal mit Flüssignahrung versorgen, bevor sie sich der Band widmen können. Die wirkt zu Beginn noch
etwas unsicher ob der großen Kulisse, man steht sich schon mal gegenseitig im Weg, aber schon beim zweiten Song, Reign Of Fire hat
sich die Nervosität sichtlich gelegt. Bei Friendly Fire sollte sie dann endgültig verflogen sein. Icon kommen beim Publikum gut an,
man sieht immer mehr Köpfe mitnicken und Sänger Thomas zeigt, daß er auch auf großen Bühnen hervorragend zurecht kommt und nutzt den zur
Verfügung stehenden Raum ausgiebig, was der Rest der Band noch nicht so schafft. Bei Harvest Of Hate sieht man dann richtig viele
Leute moshen und regelrecht beängstigend ist es, wie viele Zuschauer den sexy Hüftschwung von Thomas zu Pain nachmachen und damit
seiner Aufforderung zum Mitmachen folgen. Somit dürfte dieser Auftritt in der Bandhistorie als Erfolg verbucht werden.
Mit Death Metal sollte es zwar weitergehen, allerdings stehen Belphegor für einen definitiv deutlich heftigeren Sound, als unsere
Lokalmatadoren zuvor. Und schon vor dem höllischen Intro der Österreicher wurde der Personenkult um diese Band deutlich klar, Sänger
und Gitarrist Helmuth ist einfach ein Charakterkopf für sich! Entsprechende 'Helmuuuuth, Helmuuuuth'-Rufe kündigen im Allgemeinen lautstark
an, wann die Satanisten aus Leidenschaft die Bühne betreten. Gemeinsam mit Saitenpartner Sigurd hämmert Helmuth ein technisch korrektes,
aber dafür umso brutaleres Riff auf seine Gitarre und brüllt währenddessen auch noch eine Teufelsanbetung nach der anderen heraus.
Darunter 'Hell´s Ambassador' und der 'Swarm of Rats', die von der Masse moschend und pogend aufgenommen werden. Der finale
Rauswerfer 'Lucifer Incestus' kann schließlich kaum dazu dienen, die Pforten der Hölle wieder zu schließen, und nach einer knappen
Spielzeit hinterlassen Belphegor ein ordentlich ausgetobtes Publikum.
Für Helmuth allerdings ist der Abend nicht zu Ende, selber übernimmt er den Bandmerchandise und ist für alle Fragen offen. Meine Güte,
der Kerl ist wirklich ein netter. Aber wenn selbst Belphegor liebe Jungs sind, dann brauchen wir uns wohl doch keine Sorgen mehr zu machen,
dass Frau Jenal bei uns Konzerte verbieten lassen kann. Denn dass Chris Barnes ein lieber Junge ist, dass weiß sie ja nun schon länger...
Finntroll passen auf den ersten Blick mit ihrem Humppa nicht wirklich in das Package. Weiß man jedoch, daß die Band sich sowieso
mehr Richtung Black Metal orientieren will,
so macht die Sache schon mehr Sinn. Und zahlreiche Anwesende in Finntroll-Shirts bestätigen
das Aufgehen dieser Gleichung. Sänger Vreth begeistert gleich mit dem etwas anderen Corpsepaint, als die Band nach dem Intro Gryning
von der aktuellen Platte die Bühne betritt. Mit Korpens Saga, ebenfalls von der Ur Jordens Djup, geht es weiter und von
Beginn an wird im Publikum viel mitgebangt. Mit Nattfödd gibt es dann den Titelsong der letzten Platte, bei dem das Publikum
deutlich mehr Reaktionen zeigt, als bei den neuen Songs. Mit Ormhäxan gibt es aber trotzdem nochmal ein neues Stück. Dabei zeigt
sich auch, daß der Sänger auf der Bühne wesentlich sicherer geworden ist. Seine Aussprache des Englischen ist jedoch nach wie vor
schrecklich. Es sei denn, man steht auf einen furchtbaren skandinavischen Akzent. Blodnatt ist ein kurzer Exkurs zum ersten Album
Midnattens Widunder, bevor es wieder ein neues Stück gibt. Allerdings flaut bei Nedgång die Stimmung etwas ab. Dem kann man
jedoch mit Trollhammeren, das wohl jeder im Saal kennen dürfte, geschickt entgegensteuern und es formiert sich ein amtlicher
Moshpit. En Mäktig Här von der Ur Jordens Djup läßt Band und Publikum kaum eine Verschnaufpause, bevor man mit Det
Iskalla Trollblod endgültig bei Rivfader einkehrt und sich vom Publikum verabschiedet. Eigentlich ein guter Auftritt, nur waren mir
persönlich zu viele neue Songs und zu wenige Klassiker in der Setlist vertreten. Der Sound war auch eher suboptimal, was Finntroll aber
gar nicht schlecht zu Gesicht stand, da die Band dadurch doch wesentlich härter klang.
Wobei Finntroll meiner Meinung nach ihrer Vorstellung von der Rückkehr zum Black Metal allmählich etwas näher kommen, wozu gerade
der raue Sound gut passte. Dagegen war das Elfen und Feen-Lalala Intro immernoch etwas sehr rosa-rot gefärbt wirkt. Als ein Jungspund
neben mir meinte 'Sind wir hier bei Harry Potter?' musste ich schon ziemlich lachen.
Weiter gehts mit den ultratechnophilen Amis von Nile, den Jungs, die schon seit vielen, vielen Jahren in der Szene bekannt
sind, aber doch irgendwie nie groß rauskamen. Hauptsächlich dafür verantwortlich dürfte wohl die zu hohe Komplexität sein, die auch
jetzt dafür verantwortlich ist, dass große Teile des Publikums das Feld räumen. Den Amis mit starkem Hang zur Ägyptologie ist es egal
und sie knüppeln ihren orientalisch angehauchten Death Metal den Verbliebenen um die Ohren, die es offensichtlich um so mehr
zu schätzen wissen, was man später an diversen Gesichtern erkennen wird, in denen ein seliges Lächeln spielt!
War irgendwie nachzuvollziehen, dass der Altersdurchschnitt vor der Bühne plötzlich massiv ansteigt.
Die Texte, vorgetragen von Sänger und Gitarrist Karl Sanders, sind ein mitunter wichtiges Merkmal von Nile, denn sie behandeln
das Thema Ägypten in jeder erdenklichen Facette, saubere Recherche und möglichst historische Korrektheit inclusive. Dass auch Lovecraft
einen gewissen Anteil an den Texten trägt passt sowohl in die Thematik, als auch in die Szene.
Gitarrist Dallas Toler-Wade
zückt derweil die doppelhalsige Gitarre und lässt die Köpfe noch mehr rauchen, als bereits geschehen. Neben den beiden neuen Tracks
'Eat Of The Dead' und 'Ithyphallic' geben Nile außerdem noch 'The Blessed Death' von 'In Their Darkened Shrine'
sowie unter anderem 'Black Seeds Of Vengeance' und 'Annihilation Of The Wicked' zum Besten, bis die Zeit für die
Headliner gekommen ist.
Und die sind niemand anderes als Six Feet Under aus Florida, USA. Nebst Finntroll sind Six Feet Under wohl der größte
Magnet für das Jungvolk. Dem Oberzombie Chris Barnes ist das Publikum allerdings ziemlich Schnuppe, unter seinen ewig
langen Dreadlocks grunzt und quiekt er sich durch die Setlist, ohne dabei die Menge wirklich wahrzunehmen. Zwischen
verwirrtes Schweigen und anhaltendes 'Fuck' mischt sich hin und wieder eine Songansage, aber was solls, das Gesamtbild
stimmt und Six Feet Under grooven! Und scheinbar ist es endlich nicht mehr notwendig die Gigs mit Cover-Songs aufzuwerten,
endlich kein TNT mehr und so bleibt auch der faulige Beigeschmack der beiden Graveyard Classics CDs. Ganz im Gegenteil,
anstelle nur die neuen, trendigen Alben anzuspielen lag der Schwerpunkt deutlich auf älteren Songs! Mit The Enemy Inside,
Beneath A Black Sky und Human Target sogar gleich 3 Songs vom 95er Debüt Haunted!
Auch die folgenden Alben Warpath und Maximum Violence waren mit den Klassikern Revenge Of The Zombie,
No Warning Shot und Feasting On The Eyes Of The Insane vertreten, das 2001er True Carnage mit The Day
The Dead Walked. Zwischendurch dann noch Sick in the Head und gegen Ende America the Brutal von der
Bringer Of Blood, der besonders glücklich vom Publikum aufgenommen wurde.
Also alles in allem ein verdammt ordentlicher und grooviger Auftritt der Zombies aus Florida. Fehlen nur noch ein paar freche
Gören, die Barnes die Maske abnehmen und unter ihr den alten Mister Smith vom Jahrmarkt aufdecken. Scooby-Doo, anyone?
Das wars dann auch! Garagentypisch sind wir mal wieder weit vor der Geisterstunde fertig und haben ein heftiges Paket hinter uns.
Die Zusammenstellung war etwas seltsam, zugegeben. Aber letztendlich hat alles gepasst, immerhin wurde es so nie langweilig.
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