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29.09.2007 Trier, Exil:
TALES FROM THE UNDERGROUND
CHAPTER III
Týr
Black Messiah
Menhir
Odroerir
Crom
Insignium
Icon
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Die dritte Ausgabe des Tales From The Underground beginnt mit über einer Stunde Verspätung, da der Tourbus der Headliner
erst kurz vor dem geplanten Einlaßbeginn am Exil eintrifft.
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Davon profitieren die Opener Icon und können vor gut gefülltem Haus spielen. Und obwohl sie gar nicht so viele Fans
mitgebracht haben, stehen schon viele Leute vor der Bühne, die die Band auch ordentlich abfeiern. Sänger Thomas kann mit
seinen lockeren Sprüchen das Publikum schnell auf seine Seite ziehen und Songs wie Reign Of Fire oder Harvest Of
Hate besorgen den Rest. Außerdem mag er wohl seinen Gitarristen Robert nicht, denn als der sich über den Nebel beschwert,
verlangt der Sänger fröhlich nach mehr. Auch das Backdrop kann sich nicht mehr halten und segelt Richtung Drummer, der einige
Probleme mit dem Stück Stoff hat. Zum Glück hat er jedoch keine Probleme mit dem Stoff der Band und haut alle Songs perfekt
raus. Dies ist um so bemerkenswerter, da der Drummer gar nicht zur Stammbesetzung gehört, sondern (mittlerweile) der
Stammaushilfsdrummer ist. Daher wird er auch erstmal ausgiebig vorgestellt, und Leute merkt euch: Der Drummer, der nicht nur
Icon-Songs spielen kann, sondern sich auch erfolgreich gegen Backdrops zur Wehr setzt, ist Chris Gassmann von Dawn After
Death. Da das Publikum jedoch, trotz augenscheinlichem Gefallenfindens an der Band und mehrmaligen Aufforderungen von Sänger
Thomas nicht näher als einen Meter an die Bühne heranrückt, kommt der berühmte Berg zum Prophet, wenn der Prophet nicht zum
Berg kommen will und so springt der Sänger kurzerhand von der Bühne und singt eben in der ersten Reihe weiter. Zu
Blindzone steht er aber wieder auf der Bühne und nach einem weiteren Song ist dann der Auftritt auch schon zu Ende,
da heute ja noch einige Bands spielen sollen und man bereits erheblich im Zeitplan hängt.
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Nach echt saarländischem Todesblei gibt es auf der Bühne echten Black Metal aus dem Ruhrpott in Form der
überraschend alten Combo Insignium. Überraschend alt insofern, dass trotz des Debüts aus dem Jahre 1999
in den folgenden Jahren nur wenig zu hören war von dieser Formation. Das zweite und immer noch aktuellste
Album 'In die Abgründe' folgte erst im Jahr 2005 und bietet ziemlich schnörkellosen Black Metal, wie man
ihn inzwischen als relativ typisch deutsch bezeichnen könnte. Eine passende Weiterleitung also im Billing nach dem
ebenfalls kompromisslosen Death Metal von Icon, auch vom Erscheinungsbild der Jungs aus dem Ruhrpott, dass so gar
nicht den Erwartungen an die einzige Black Metal Band des Abends gerecht wird. Ohne Corpsepaint und Nieten lenkt
nichts von den musikalischen Ergüssen ab, allerhöchstens eine schwarze B.C.Rich und entsprechende T-Shirts geben
optische Hinweise auf die musikalische Herkunft. Als zweite Band des Abends machen Insignium auf der Bühne schon
ordentlich Stimmung und liefern ein sauberes Programm ab. Nebst Gefistet und der Moorleiche, welches
man übrigens auf der Website der Band probehalber anhören kann, gab es außerdem auch noch ein neues Lied mit dem
Titel Nach dem Krieg auf die Ohren.
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Mit der dritten Band Crom erwarteten wir die erste wirkliche Pagan Band des Abends, so wurden sie zumindest
hin und wieder angepriesen. Die große Überraschung erfolgte unmittelbar mit dem ersten Song, denn was diese relativ
neue Band hier präsentierte war schlichtweg Power Metal im Stile von Hammerfall inclusive jeder Menge Balladen sowie
Mitsinghymnen, gespickt mit einigen Chören und Elementen, wie sie tatsächlich für den Pagan Metal typisch sind. Auf den
angekündigten 'epischen und hymnenhaften Pagan Metal' warteten wir also vergeblich. Gerade der erste Song
Wings of Fire ließ durchaus positive Erwartungen aufkeimen, entwickelte sich aber nach einem kurzen Intro zu einer
Mitsinghymne, wie man sie aus alten Tagen von Manowar hätte erwarten können, der Titel tut sein übriges zu dieser Assoziation.
In Punkto Geschwindigkeit, Druck und Eingängigkeit hätte man mit dieser Mischung leben können, man hat ja bereits viel
erlebt und ist tolerant. Leider stellte sich schnell heraus, dass das Material von Crom zum größeren Teil aus Balladen mit
klarem Gesang und akustischen Gitarren geprägt wird. An dieser Stelle merkt man auch den vorhandenen Übungsbedarf, der
übrigens auch auf den öffentlich zugänglichen Aufnahmen im WWW erkennbar ist. Sänger Crom - ja genau, wie die Band -
gibt sich aber wirklich redliche Mühe und macht mit überschäumendem Enthusiasmus manche gesanglichen Mängel wett und
schlägt auch der Mißbilligung von Teilen des Publikums erfolgreich entgegen, so dass sich auch Crom zu guter Letzt
an einer gehörigen Portion Applaus erfreuen können.
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Nach Death, Black und Power Metal kommen wir nun mit Odroerir zur ersten wirklichen Pagan Band des Abends, und zwar
gleich mit einer wirklich authentischen. Authentisch bezieht sich hierbei nicht mal auf den heidnischen Hintergrund der Band,
da dieser für Zweifler und Skeptiker immer Anlass zur Diskussion gibt, sondern allein zum Auftreten der Band über die letzten
Jahre. Odroerir sind keine der vielen jungen sowie jugendlichen Bands, die Pagan Metal als feucht-fröhlichen Abklatsch
von Black Metal sehen, sondern sie stehen für ihren Hintergrund in mancher Hinsicht ein, seien es Requisiten, Kleidung, Texte
oder auch altertümliche Instrumente. Mit Stickel und Fix betraten auch merklich reifere Musiker die Bühne, deren Gefühle
gegenüber ihren Werken deutlich mehr beinhalten als nur das Verhältnis zwischen Komponist und Lied. So ist es auch nicht
verwunderlich, dass sich das Exil ein gutes Stück mehr mit Publikum füllte, als es bisher der Fall war. Und wie die
Textsicherheit des Publikums verriet war nicht die Neugierde der Antrieb, sondern der gezielte Wunsch. Etwas mehr vom
Odroerir, dem Skaldenmet, wäre vielleicht wünschenswert gewesen, um die Sangeskünste manches begeisterten Fans zu verbessern.
Aber wen interessiert das schon wirklich, wenn sich die ganze Menge bei Songs wie z.B. den dargebotenen Iring
oder der Zwergenschmiede zu einem Chor vereint, um die alten Tage zu besingen.
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Menhir waren der eigentliche Grund, warum die komplette VIKING WARRIOR RAID-Tour ins Billing übernommen
wurde, denn Gitarrist Fix ist eben nicht nur der Saitenzupfer von Odroerir, sondern auch der seiner älteren Band Menhir.
Für ihn gab es demnach nur eine kleine Verschnaufpause hinter der Bühne, bevor Sänger Heiko seine Position hinter dem
Mikro be- und sein Longsleeve auszog, unter dem seine germanische Gewandung zu Vorschein kam,
und es weiterging mit einem wahren Urgestein des deutschen Pagan Metals. Vielleicht auf Grund des eher kleinen Konzertes,
der winzigen Bühne, der Entfernung zum heimischen Thüringen oder doch anderen Gründen vermissten wir auf der Bühne
die altbekannte Holzstatue Odins sowie die germanischen Rüstungen, aber lange Zeit blieb uns nicht zum Vermissen, denn
mit Menhir auf der Bühne bleiben keine Häupter ungeschüttelt! Heiko war grimmig wie immer und in Bestform, was in einem
stürmischen Ausritt in die germanische Vergangenheit resultierte, der viel zu schnell vorbei war. Immerhin wurde die
Situation genutzt, um einige Songs des neuen Albums Hildebrandlied, das diesen Sommer
nach 6 Jahren endlich das Licht der Welt erblickt hatte und unmittelbar nach dem Konzert auch käuflich erworbenerweise
seinen Weg in unsere Taschen fand, unter das Set zu mischen. Es liegt auf der Hand, dass das Publikum noch nicht genug Zeit
hatte bei den neuen
Liedern ebenso textsicher zu sein, wie bei den dargebotenen Althymnen 'Das Verborgene Reich', 'Wotans Runenlied
und natürlich 'Menhir' vom Album 'Die ewigen Steine', mit dem die Thüringer wieder einmal bewiesen, dass
ihre Häuptlingsposition in Sachen Pagan Metal in Stein gemeißelt ist!
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Um so skeptischer stand ich dem folgenden Auftritt der Ruhrpott-Heiden von Black Messiah entgegen, denn eine Spielzeit
NACH Odroerir und Menhir erschien mir doch reichlich verwunderlich. Solchermaßen mißtrauisch fällt es umso stärker ins
Gewicht, wenn es dem Bassist, und damit Rhytmusverantwortlichen, während des ersten Songs nicht gelingen will sein Haupthaar
im Takt zu bewegen! Glücklicherweise stellte sich schnell heraus, dass die Haare außerhalb des Taktes lagen und nicht seine
Begleitung. Ähnlich skeptisch waren wohl noch mehr Besucher, denn zunächst war die Fläche vor der Bühne des Exils wie
leergefegt. Vermutlich musste die Masse der Anwesenden sich von den Anstrengungen bei Menhir erholen. Jedoch änderten die
Abwesenden scheinbar gemeinsam mit mir schnell ihre Meinung und der Raum füllte sich wieder, inclusive einer rapiden
Steigerung der Stimmung, die sich in einem tosenden Jubeln bei der Ankündigung des Songs Blutsbruder manifestierte.
Danach gab es kein Halten mehr und die Stimmung hielt bis zum bitteren Ende des Auftritts der schwarzen Erlöser an, den
ein Cover des Dschingis Khan Hits 'Moskau' bildete. Eine ähnlich feuchtfröhliche Hymne übrigens zwischendurch
auch das Sauflied, was mich wieder einmal daran erinnert, dass es in der Pagan Szene wohl zum guten Ton gehört,
mindestens ein Sauflied im Repertoire zu haben. Wohlgemerkt, Menhir hat das bisher nicht gebraucht. Kommt dann vielleicht in
6 Jahren auf dem nächsten Album. Oder nein, besser doch nicht.
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Den Headlinern des dritten Tales From The Underground ergeht es ähnlich wie den Headlinern der Januarausgabe, nur nicht ganz
so extrem. Es ist mittlerweile weit nach Mitternacht und ein Großteil des Publikums ist bereits nach Hause gegangen. Davon
läßt man sich als echter Wikinger jedoch nicht abschrecken, und so wird der Auftritt von Týr nach dem Intro
Gandkvæði Tróndar mit The Edge vom Album Eric The Red eröffnet. Man bleibt zunächst beim zweiten Album
und folgt auch der Songreihenfolge darauf, folglich gibt es jetzt das färöische Traditional Regin Smiður und anschließend
Dreams. Dies waren bisher alles eher ruhige Songs, und das Publikum kommt nicht wirklich in Fahrt. Dem steuert man mit
dem fröhlichen Ólavur Riddararós entgegen, einem meiner Favoriten von der Eric The Red, bei dem dann auch ordentlich
gebangt wird. Mit Lord Of Lies spielt man anschließend einen weiteren Song vom aktuellen Album und das Tempo wird
allgemein schneller. Sänger Heri kommuniziert wie immer viel mit den Fans und auch Bassist Gunnar, der wie immer äußerst
fröhlich über die Bretter hüpft, unterhält sich mit den Fans oder animiert sie zum Mitmachen. Bei Hail To The Hammer
ist das aber nicht wirklich nötig und die Fäuste werden bereitwillig der Band entgegengereckt. Mit Sand In The Wind
bleibt man bei der ersten Platte, doch man merkt, daß dieses Stück eher unbekannt ist und nicht so gut ankommt. Ganz anderes
dagegen der Titelsong des aktuellen Albums Ragnarok, der wieder von vielen mitgesungen wird und der auch genügend
Gelegenheit die Rübe zu schütteln bietet. Auch Wings Of Time, das auf einem färöischen Traditional basiert, wird zum
ausgiebigen Bangen benutzt. Leider ist dies schon das letzte Stück für diesen Abend. Doch das Publikum wird nicht müde, nach
einer Zugabe zu rufen und so kehrt die Band noch einmal für zwei Stücke auf die Bühne zurück: The Wild Rover, das dank
seines Bekanntheitsgrades im deutschsprachigen Raum ohne Probleme mitgesungen werden kann und das dänische Volkslied Ramund
Hin Unge, bei dem die letzten Kraftreserven mobilisiert werden. Insgesamt ein toller Auftritt, allerdings wurden meiner
Meinung nach zu Beginn zu viele langsame Stücke gespielt und Ramund Hin Unge macht Lust auf mehr und wäre daher weiter
vorne im Set besser aufgehoben gewesen. Trotzdem ist es immer wieder schön, Týr live zu erleben und ihr Auftritt war ein
gelungener Abschluß dieses noch gelungeneren Abends.
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Wie oben schon gesagt war der Abend mal wieder sehr gelungen, so wie man das vom Tales eben gewohnt ist. Äußerst humane Preise
(z.B. 0,3 l Cola für 1,50), für feste Nahrung war auch gesorgt, was will man also mehr? Leider, leider litt das Tales From The
Underground, wie die meisten Metalkonzerte in letzter Zeit, unter akutem Zuschauermangel, so daß das Exil zu besten Zeiten
noch nichteinmal zu zwei Dritteln gefüllt war. Woran das jetzt lag, kann ich mir auch nicht so wirklich erklären, hatten die
Zuschauer doch teilweise sehr weite Anreisewege in Kauf genommen und gelangweilt war man bei der Bandauswahl eigentlich zu
keiner Sekunde, obwohl sich das Konzert aufgrund der verspäteten Ankunft des Tourbusses doch etwas in die Länge zog und fast
alle Bands Songs von der Setlist streichen mußten. Trotzdem: Schön war's!
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Autor: kAoSKoBoLd, Tyr Fotos: kAoSKoBoLd, Tyr
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