07.09.2007 Kaiserslautern, Kammgarn Cotton Club:
ERIC FISH SOLO
DANIEL SCHULZ
Als ich den Konzertsaal, oder besser, das Konzertsälchen betrete, ist die Bühne bereits mit vielen Kerzen dekoriert und neben den zahlreich vorhandenen Stühlen hat man direkt vor der Bühne rote Kissen auf dem Boden verteilt, auf denen sich die Zuschauer niederlassen können. Denn Konzerte von Eric Fish Solo sind nicht zu vergleichen mit normalen Metalkonzerten. Wir werden heute vielmehr einem gediegenem Liederabend beiwohnen, bei dem man es sich ruhig gemütlich machen kann.
Normalerweise tritt Eric Fish, der Frontmann der Mittelalter-Metaller Subway To Sally, auf seinen Solotouren ohne Vorprogramm auf. Doch heute betritt
er die Bühne, um den vor ihm spielenden Daniel Schulz, der aber „kein Support“ ist, vorzustellen. Dann überläßt er die Bühne dem jungen Musiker und seinem „Kompagnon“, der jedoch „noch nicht so weit ist“. Der erste Song, der hier dargeboten wird, ist mir aber zu schnulzig und simpel, dafür kann der Junge, wie von Eric schon angekündigt, aber wirklich ganz gut singen. Anschließend betritt auch endlich Kompagnon Uwe die Bühne und die beiden
beschließen spontan die Baufirma Schulz, Nordwig & Co. KG zu gründen. Warum, weiß niemand so genau. Das zweite Lied gefällt mir dann schon wesentlich
besser. Neben einigen Coversongs gibt es auch Eigenkompositionen, z.B. Ramona, das von Schulzes Band Engelhai stammt und das auch auf dem Soundtrack zu dem Film Video Kings enthalten ist. Mit Blick auf die Kerzen, die sich im heißen Scheinwerferlicht bedenklich zu Seite neigen, meint
Schulz nur lapidar: „Hat jemand Viagra dabei für die Kerzen?“ und hat damit die Lacher auf seiner Seite. Seine Idee, noch mehr Kämpfersongs gegen
Reiche zu schreiben, stößt im Publikum allerdings nur bedingt auf Gegenliebe, wie der Zwischenruf „Oh näää!“ beweist, womit sich die Ruferin jedoch nur zum Gespött der Leute macht. Zu einem Song kommen dann auch Eric Fish und dessen Bruder Gerit Hecht zur musikalischen Begleitung auf die Bühne. Mit dem Beatles-Klassiker You’ve Got To Hide Your Love Away im Akustikgewand geht der Auftritt nach einer knappen halben Stunde zu Ende, da Daniel noch zur Weinernte nach Galizien muß.
Jetzt ist endlich Zeit für Eric Fish und seine Freunde und Eric verspricht, daß es ein stimmungsvoller Abend werden wird, da wegen der großen
Hitze auf der Bühne die Gitarren öfters mal gestimmt werden müssen. 5 Euro ins Phrasenschwein (oder wie wir später sagen werden: Hört, hört!)! Der Auftritt beginnt dann mit einem „theoretisch romantischen“ Intro mittels Wecker, das nur nicht so ganz funktioniert, wie es eigentlich sollte. Vielleicht liegt das aber auch einfach daran, daß sich Eric gestern abend nach eigener Aussage seine letzten drei grauen Zellen versoffen hat. Herr Fish ist heute noch redseliger als sonst, und so bekommen wir nach Steh auf! erstmal einen ewiglangen Monolog zu hören, in dem wir auch eine
Menge lernen, z.B. daß man den japanischen Garten in Kaiserslautern meiden sollte, da es dort sicher japanische Zecken gibt (Hört, hört!). Danach gibt es dann eine ganze Menge Eigenkompositionen, wie Laß uns teilen!, Es kommt der Tag und Der Schrei. Da steht ein Mädchen auf, geht zur Bühne und wirft den Musikern einen Strauß Rosen vor die Füße. Die sind sich nicht so recht darüber im Klaren, für wen genau der Strauß denn jetzt ist und fragen lieber mal nach. Natürlich für Eric. Der findet zu Recht, daß das doch eine recht lieblose Übergabe war und wirft den Strauß zurück,
verbunden mit der Aufforderung, das Ganze noch einmal zu machen. Also muß die Gute mit ihrem Strauß auf die Bühne um Eric diesen persönlich zu
übergeben und sich dafür einen Handkuß einzuhandeln. Wir sehen: Eine gute Erziehung ist wichtig! Mit In meinem Kopf gibt es eine weitere Eigenkomposition, bevor es ein erstes Cover gibt. Anschließend wieder eigenes Material, darunter 100 Jahre, und dann wird ein weiteres Cover gespielt. Daran gekoppelt ist das für Eric Fish-Konzerte übliche Gewinnspiel. Wer als erster erraten kann, von welcher Band das gespielte Stück stammt, gewinnt eine Flasche Jack Daniels Whiskey. Der glückliche Gewinner wird später nur noch volltrunken und torkelnd an der Bar gesichtet. Dafür entert ein anderer Angetrunkener, der die ganze Zeit schon tierisch mit seinen dummen Zwischenrufen nervt, die Bühne. Die armen Musiker wissen gar nicht, wie
ihnen geschieht und sind unfähig, diesen wieder in den Zuschauerraum zu befördern, bis sich einer aus dem Publikum erbarmt, auf die Bühne stiefelt und die Saufnase abführt. Willst du wirklich? fragt Eric, bevor es mit Sonnenkalt weitergeht. Bei den ersten Tönen von Der Zocker gibt es einen üblen Verspieler von Eric (da seine Gitarre falsch gestimmt ist, wie er mehr als ausführlich erklärt), der von Publikum und Band sofort mit „Hört, hört!“ quittiert wird. Anschließend gibt es wieder ein Cover, Chicago (We Can Change The World) von Graham Nash, das in der Akustikversion von Eric noch herzzerreißender klingt als im Original. Auch der Sänger selbst ist ganz ergriffen, und in einem Anfall von Melancholie bedankt er sich beim Publikum und kündigt schon mal die Pause an. Pause? Auf einem Konzert? Das wird sich der ein oder andere jetzt sicher fragen, der noch nie ein Solo-Konzert von Eric Fish besucht hat. Dazu sollte man wissen, daß die Band jetzt bereits seit etwa 2 Stunden auf der Bühne steht (bzw. sitzt) und das Konzert noch lange nicht zu Ende ist (und das soll erstmal jemand nachmachen!). Nach Anders sein, das vom ganzen Saal lautstark mitgesungen wird, ist es dann soweit und es wird erstmal eine Pause eingelegt, in der sich die schmerzenden Gesäßknochen erholen können.
Nach der Pause geht es zunächst einmal mit Coverversionen weiter. Da im Publikum auch einige kleine Kinder sitzen, spielt man nun Stücke von Gerhard
Schöne, darunter Manchmal sagt der Opa Sachen, ein todtrauriges Lied über das Sterben. Dann gibt es wieder eigenes Material wie Im Spiegel und Im Schmutz. Am Ende von letzterem geht Eric in einen priesterlichen Choral über, den er immer weiter ausdehnt und in dem er immer größeren Schwachsinn erzählt, manchmal sogar aussetzen muß, weil ihm nichts mehr einfällt und mit dem er erst zum Ende kommt, als das Publikum schon unruhig wird. Eric erklärt das damit, daß es manchmal eben über ihn kommt und heute ist mal wieder so ein Tag, an dem er einfach nur reden
möchte. Vom vielen Reden bekommt man natürlich Durst, deshalb spielt man jetzt das gleichnamige Stück von Uwes Platte Die Wahrheit Will Keiner Hören. Und läßt für jeden mal ein Bier auf die Bühne bringen. Unterstützt wird die Band dabei noch von Daniel, der ja eigentlich gar kein Support ist. Auch beim nächsten Song, wieder einem Cover, nämlich Turn The Page von Bob Seger ist Daniel wieder mit dabei. Und er bleibt auch auf der Bühne, um sich mit Rainer Michalek eine Mundharmonika-Battle zu liefern. Glücklicherweise artet das Ganze nicht in Spiel mir das Lied vom
Tod-Dimensionen aus. Es ist aber auch vom Ansatz her schon wesentlich unterhaltsamer. Anschließend hält man ein ewig langes Mitsingspiel für die Fans ab, was Eric auf dubiose Ideen für Band Contests bringt. Er will bei einem Contest mitmachen, für alle Fans Karten kaufen und dann auf der Bühne einfach nur eine halbe Stunde Mitsing-Spielchen treiben (Hört, hört!). Und weil das Publikum jetzt so schön warmgesungen ist, wird Glotze wieder von allen im Raum Anwesenden mitgesungen. Satt zu Essen von Pension Volkmann ist dann wieder ein Cover, bevor es mit Gedankenhaus noch
eine Eigenkomposition gibt. Pearl Jams Keep On Rockin’ In A Free World, die es wiederum selber von Neil Young gecovert hatten, wird auch noch angespielt, dann gibt es zum Abschluß mit Prinzessin A.D.E. und Ein langer Weg wieder eigenes Material. Trotz mehr als 3 Stunden Spielzeit will man den Sänger mit seinen Freunden jedoch noch nicht ziehen lassen und fordert vehement eine Zugabe, bis die Musiker auf die Bühne zurückkehren und nochmal vier Lieder in die Runde werfen, darunter Auf der Reise von Subway To Sally und Komm mit mir. Damit geht ein sehr langes Konzert zu Ende. Über vier Stunden Musik und Geschwätz (Hört, hört!) von Eric Fish, das muß erst mal einer nachmachen. Und wenn noch einer kommt und behauptet, akustischer Musik im Sitzen zu lauschen sei nicht anstrengend, der soll sich mal gut 5 Stunden auf den Boden hocken, dann reden wir wieder. Ein wunderbares Konzert, wie man es immer wieder erleben möchte. Wenn nur der Hosenboden nicht so schmerzen würde.
|