26.05.2007 Dudweiler, Schützenhaus :
SABATON
THUNDERBOLT
BOOMERANG
BAD IDEA
Den ganzen Mittag schon herrscht eine fast unerträgliche Schwüle, und als wir losfahren fallen die ersten Tropfen des erlösenden Regens. Auf dem Parkplatz des Schützenhauses angekommen, hat sich dieser Regen in einen ausgewachsenen Gewitterschauer verwandelt, so dass erstmal alles in den Autos sitzenbleibt und per Zeichensprache kommuniziert (wir Metaller sind schließlich aus Zucker!). Als wir es endlich wagen, durch den Regen über den Parkplatz zu sprinten, bemerken wir recht schnell, daß wir hier auf lauter Irre stoßen werden. Auf die rhetorische Frage, wer denn bitteschön dieses Wetter bestellt habe, antwortet ein am Eingang stehender, schätzungsweise 65 Jahre alter Mann mit Grabesstimme: „Ich!“. Das kann ja heiter werden…
Im Inneren des Schützenhauses, das durch die geschmackvolle Dekoration mit (ur)alten Ehrenzielscheiben zu begeistern weiß, herrscht noch immer die nachmittägliche Schwüle. Als der Regen draußen endlich aufgehört hat, dürfen Sabaton auf dem Parkplatz mit der vereinseigenen Kanone, sehr zur Begeisterung aller Beteiligten (insbesondere Frontmann Joakim Brodén, der sich ob des gelösten Schusses einen Wolf grinst), einen Salutschuß abfeuern.
Danach kann das Konzert in dem unlüftbaren Raum mit etwas Verspätung beginnen. Die erste Band ist Bad Idea, die für die noch immer krankheitsbedingt verhinderten Infinight einspringt. Mit Guilty starten die St. Wendeler in ihren Set
und machen dann gleich mit The Sin weiter. Sänger Schmiddi entpuppt sich als noch redseliger als sonst, imitiert Powerwolf-Sänger Attila (Frevel! Nur Attila darf „Vielen Dankeschön“ sagen!) und vergisst auch nicht, Martin von Infinight gute Besserung zu wünschen. Tools Of War ist dann der dritte Song der geplanten EP in Folge. Danach gibt es ein paar ältere Songs, wie z.B. Chaos, bevor es dann mit Fear wieder einen neueren Titel gibt. Zwischen den Songs wird
von Sänger Schmiddi geredet und erzählt, er unterbricht sich sogar selbst indem er versucht, beim Sprechen zu trinken und erzählt und redet, bis es sogar den eigenen Bandmitgliedern zu bunt wird und Gitarrist Manni ihn mit „Laber net!“ zurück auf den Pfad der Tugend bringt. Zum Abschluß ihres Auftritts spielt die Band dann, wie könnte es anders sein, ein Cover der Band,die sie wohl am meisten beeinflußt hat: Metallicas Seek And Destroy. Und um ganz geschickt noch einen Song rauszuschinden, wird nahtlos in das von den Misfits stammende Last Caress übergegangen, das auch schon von Metallica gecovert wurde. Ganz schön gewieft! Damit hat es die Band geschafft, daß vom Publikum sogar eine Zugabe gefordert wird, was aber aus Zeitgründen nicht möglich ist.
Ein sehr schöner Auftritt der Band, nur Schmiddi könnte mal etwas weniger um den heißen Brei reden. Dafür gibt’s aber mal wieder Sonderpunkte für die kultigste und gleichzeitig peinlichste Gitarre. Einen weiteren Pluspunkt gibt es für Manni, bei dem man stets das Gefühl hat, daß er in seine Gitarre verliebt ist, so zärtlich, wie er sein Instrument beim Spielen betrachtet.
Die zweite Band des Abends hat mit den zur Zeit offenbar grassierenden Musikerausfällen zu kämpfen. So fehlt bei Boomerang
heute krankheitsbedingt der eigentliche Sänger Axel Johann und an seiner Stelle springt Bassist Daniel Schäfer ein.
Dessen Job wird dafür vom alten Bassisten der Band übernommen, der kurzfristig eingesprungen ist. Schäfer ist ob der neuen Aufgabe Frontmann sichtlich nervös, obwohl er das doch von seiner anderen Band Disturbed Mind gewohnt sein müsste. Dabei
macht er seine Sache auch eigentlich ganz gut. Mit Songs wie Weaveworld vom gleichnamigen Album aus dem Jahr 2002 und Mourning Sunversuchen die Pfälzer, das Publikum in Stimmung zu bringen, was aber nicht so ganz funktioniert. Einige gehen zwar ganz ordentlich mit,
doch die meisten stehen der Sache eher skeptisch gegenüber.
Nicht zu Unrecht, denn der zweistimmige Gesang (Gitarrist Thomas Fahrnbach bemüht ebenfalls die Stimmbänder) klingt streckenweise ganz schön schräg und will so gar nicht zueinander passen. Zudem wirkt der Gitarrist mit seinem wahnsinnig-diabolischem Blick nicht gerade vertrauenserweckend. Beim letzten Lied, Praise The Loud, macht das Publikum aber noch einmal ordentlich Stimmung. Im Gegensatz zu mir hat es anscheinend doch einigen ganz gut gefallen.
Die Norweger Thunderbolt sind die letzte Vorband für heute Abend. Ich bin gespannt, wie die Band live ist, denn auf
Platte klingen sie doch sehr truemetallisch. Live auch, wie ich jetzt weiß. Thunderbolt konzentrieren sich fast
ausschließlich auf ihr aktuelles Album Love & Destruction , und starten mit Call Out The Lions in den Set. Optisch begeistert auf jeden Fall der Ville Valo-Lookalike mit der Hetfield-Bodenblech-Gitarre der irgendwie so gar nicht
fröhlich wirkt. Das machen Bassist und zweiter Gitarrist jedoch wieder wett und posen gemeinsam mit Sänger Tony Johannessen wie die Hölle zu Songs wie Love & Destruction und Hi-Fidelity Heartbreak, insbesondere der Sänger fällt durch
sein bewegungsreiches Stageacting auf; der Junge kann einfach nicht still stehen. Irgendwie dürfen Thunderbolt aber nicht so
lange ran wie die davor spielenden Boomerang, und so ist nach We Will Survive sowie einem älteren Song der Auftritt
auch schon zu Ende.
Mir persönlich haben die Norweger auf jeden Fall besser gefallen als Boomerang, sie sind aber auch nicht gerade das Gelbe vom Ei. Lediglich Sänger Tony Johannessen ist hier hervorzuheben, denn der Mann hat wirklich was drauf! Einem 66-jährigen Anwesenden gefällt die Band gar so gut, daß er spontan einen Hochgeschwindigkeitswasauchimmertanz auf’s Parkett legt. Öfter mal was neues!
Nach einer kurzen Umbaupause betreten endlich die Headliner die Bühne. Die Schweden Sabaton sind gekommen, um mit ihrem Panzerbataillon das Schützenhaus in Schutt und Asche zu legen. Obwohl nicht gerade viele Zuschauer anwesend sind,
machen diese Krach für mindestens die doppelte Menge. Von Anfang an werden immer wieder „Sabaton! Sabaton!“-Sprechchöre skandiert, ja, praktisch nach jedem einzelnem Song. Mit Metalizer starten die Schweden ihren Auftritt und machen damit auch gleich klar, wozu sie hier sind: Metalizing Europe! Mit ihrem Panzer Battalion überrollen sie das Dudweiler Publikum, das nicht einmal versucht, sich zu verteidigen sondern lieber gleich die weiße Fahne bzw. in diesem Fall die Matte schwenkt. Nach Hail To The King animiert Sänger Joakim Brodén die Zuschauer, statt „Sabaton!“ „Noch ein Bier!“ zu rufen, was (natürlich, wir sind hier im Saarland!) sofort klappt, sehr zur Begeisterung des Vokalisten. Und kaum hat die Band In The Name Of God gespielt, will Joakim „noch zwei Bier!“. Sabaton lassen das Publikum nicht verschnaufen und rasen weiter mit Into The Fire. Das danach gespielte Attero Dominatus erinnert mich aber irgendwie immer schwer an
Nightwishs Wishmaster. Dessen Refrain kann man auch prima auf Attero Dominatus singen. Dafür erhält der nächste Song dann eine ganz besondere Ansage von Joakim: „This next song is not about Adolf Hitler. It is not about nazis. It is – about my cock! The Rise Of Evil!“ Daß Sabaton trotz der mangelnden Masse an Zuschauern jede Menge Spaß haben, merkt man immer wieder, wenn man den Schweden nur in die Gesichter schaut. Die crazy germans, wie Joakim das Publikum gerne bezeichnet, machen aber auch Stimmung ohne Ende. Alle drängen sich vor der Bühne als sei das Schützenhaus zum bersten gefüllt, und bangen, was die Rübe hergibt. Mit Thunderstorm und Hellrider gibt es anschließend zwei alte Songs von der ersten Platte Fist For Fight, bevor es dann mit Primo Victoria von der gleichnamigen Platte wieder einen echten
Hammersong gibt. Die Metal Machine beendet dann nach viel zu kurzer Zeit den Auftritt der Militarialiebhaber, die die Bühne verlassen und nach Backstage verschwinden. Aber das Dudweiler Publikum läßt nicht locker und tobt so lange, bis die
Band noch einmal auf die Bühne steigt und als Zugabe Back In Control spielt.
Sabaton haben einmal mehr bewiesen, daß sie einfach eine geniale Liveband sind, auch wenn ich mir wohl kein Album von ihnen kaufen werde. Aber live lohnen die immer! Die Band scheint ihren Spaß gehabt zu haben, wir hatten auch unseren Spaß, also alles so, wie es sein soll. Mir stellt sich eigentlich nur noch eine Frage: Kann es sein, daß Joakim sich das Bodenblech von Frank Johannessen's (Thunderbolt) Gitarre auf sein Hemd genagelt hat? Oder ist das Partnerlook mal anders?
Leider waren jedoch wieder einmal viel zu wenig Zuschauer anwesend; ins Schützenhaus hätte locker die fünffache Menge gepaßt. Ansonsten ist das wirklich eine schöne Konzertlocation, hier sollte öfter mal was stattfinden. Übel aufgestoßen sind vielen jedoch die Getränkepreise. 2,50 € für eine Flasche Bier ist schon ganz schön teuer.
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