08.12.2006 Esch-sur-Alzette – Rockhal:
Pungent Stench, Desdemonia, World Escape, Embryonic Death
Nix derf ma!
Die Rockhal im luxemburgischen Esch-sur-Alzette ist ein echtes Mysterium. Sehr leicht zu finden und doch wieder unauffindbar. Zwar ist die Halle schon von der Autobahn an ausgeschildert, auf dem riesigen Gelände kann man sich aber leicht verfahren, denn irgendwann hört die Beschilderung einfach auf und an der Rockhal selbst steht dann auch nichts mehr dran. Im Eingangsbereich wird man von herrlichstem Sauerkrautgeruch empfangen, den eine luxemburgische Spezialität, Würstchen in Brot mit Sauerkraut, Senf und sauren Gurken, die es hier zu kaufen gibt, verströmt. Sehr lustig ist, daß man einfach nichts darf: Kein Stagediving, kein Rauchen, keine Laserpointer, keine Helme (?!)…unmöglich. Allerdings wachen die in feine Anzüge gekleideten Securities auch mit Argusaugen auf die Einhaltung der Vorschriften und verfallen bei jeder entzündeten Zigarette in den Laufschritt. Dafür wird man aber auch freundlich vor den fiesen Stroboskoplichtern gewarnt, die bei der Lightshow verwendet werden.
Bei der ersten Band hat sich gerade mal eine Handvoll Zuschauer vor die Bühne verirrt. Die Luxemburger Embryonic Death, reißen einen aber auch nicht wirklich vom Hocker. Knüppel-Black Metal, nichts besonderes. Auffallend ist vor allem die Bassistin, die extrem lustlos wirkend auf der Bühne herumsteht und ihre drei Töne (oder waren’s nur zwei? Egal…) zockt. Immerhin haben Sänger und Drummer hübsches Corpsepaint aufgelegt, so daß wenigstens was fürs Auge geboten wird. Denn die Musik ist jetzt nicht so der Bringer. Irgendwie belanglos eben.
Die Trierer World Escape liegen da doch auf einem ungleich höheren Niveau. Böse Zungen behaupten, Bassist Kim habe bereits im ersten Takt mehr Noten gespielt als die Tieftönerin der Vorband während des gesamten Auftritts. Außerdem gebührt der Band die Ehre, die einzigen wirklich verständlichen Ansagen des Abends zu machen.
Sänger Eric wechselt zwar munter zwischen Englisch und Deutsch und wirft auch mal ein paar Wörter Französisch mit rein…aber wenigstens kann man ohne Probleme verstehen, was der Junge mitteilen will. Ihre Musik bezeichnen World Escape selbst als Death/Thrash Metal, ich finde aber, es hört sich (zumindest live) leicht Metalcore-lastig an. Es ist auf jeden Fall hörenswerter Metal. Punkt. Die Band spielt vor allem Stücke ihrer aktuellen, selbstbetitelten EP. Neben 25 Hours und Impulse Response gibt es noch Ruins auf die Ohren. Um die Anwesenden zu bestechen, verteilt Sänger Eric einige CDs und auch nach dem Auftritt werden fleißig kostenlos CDs verteilt. Eine sehr schöne Geste und tolle Idee, auf sich aufmerksam zu machen. Ich hab schon für schlechter (auf-)gemachte CDs bezahlt. Und merkt Euch eins: Der Code ist Bud Spencer!
Die nächste Band ist wieder aus Luxemburg und darf heute ihr 10jähriges Bühnenjubiläum feiern. Desdemonia lassen es deshalb ordentlich krachen und Gitarrist Marc Dosser hat sogar zur Feier des Tages den Originalflyer ihres ersten Auftritts dabei. Die Ansagen sind sämtlich in Luxemburgisch gehalten, so daß man zwar die Kernaussage versteht, aber sich doch größtenteils wundert…Luxemburgisch ist für Saarländer zwar verständlich, hört sich aber trotzdem lustig an.
Die Band gehört sowohl zu den bekanntesten als auch zu den verkanntesten Bands Luxemburgs. Eigentlich müßten die Jungs schon viel bekannter sein, gemessen an der gebotenen Qualität. Aber das Leben ist eben selten gerecht. Leider kenne ich den Backkatalog der Band nicht, und aus dem luxemburgischen Kauderwelsch noch Songtitel rauszuhören, ist ziemlich unmöglich. Gespielt wurden unter anderem Behind, Deep One und der Opener des Desdemonia-Debüts Same. Gute Band, der zuzusehen wirklich Spaß macht.
Die Östereicher Pungent Stench vollenden dann den Reigen der zwar deutschähnlich, aber dennoch mehr oder weniger unverständlich sprechenden Bands. Sänger und Gitarrist Martin Schirenc bietet zu allem Überfluß auch noch an, die Ansagen auf Luxemburgisch zu machen. Zum Glück läßt er es dann aber doch bleiben, entgegen dem Wunsch des Publikums. Naja, Österreichisch ist zumindest etwas besser zu verstehen als Luxemburgisch. Zuschauer sind leider immer noch kaum welche da. Sehr, sehr schade. Mit Metal ist in Luxemburg wohl kein Blumentopf zu gewinnen (oder fahre ich etwa nur auf schlechtbesuchte Konzerte in Luxemburg?). Egal, Band und Publikum haben trotzdem ihren Spaß. Die kranken Österreicher legen den Schwerpunkt des Konzerts überwiegend auf altes Material und gleich zu Beginn gibt es Bonesawer von der ersten Platte For God Your Soul…For Me Your Flesh.
Die Band ist mit neuem Bassisten unterwegs, der auf den wohlklingenden Namen El Gore hört. Der Junge hat mächtig Spaß inne Backen und ist mindestens genauso krank und verrückt wie Meister Schirenc himself. Synchron-Arschwackeln rult! Weiter geht es sowohl mit Altem als auch Bewährtem. Splatterday Night Fever und das Deadly Medley führen zu exzessiven Bangorgien. Nicht zu vergessen natürlich der Klistier Boogie, dessen Titel einige Zeitgenossen früher als Mister Boogie deutlich mißverstanden haben. Mit Apotemnophiliac gibt es den ersten Song vom aktuellen Album Ampeauty („Ja gut, es ist nicht mehr wirklich neu, aber es ist das Neueste, was wir haben…“). Beim nächsten Titel, Viva La Muerte, gibt es zum ersten Mal technische Probleme, als sich die Gitarre des Herrn Schirenc kurzerhand ausklinkt. „Joa, ich woaß jetzt auch net, woas des grad war…“. Egal. Fangen wir eben wieder von vorne an. Darum kommt das Publikum heute in den Genuß von 1,25 mal Viva La Muerte. Und Bassist El Gore ist so begeistert von unserem Popotanz, daß wir nicht aufhören dürfen. Mit The Amp Hymn gibt es das zweite neuere Stück, das wegen technischer Probleme an der Gitarre von El Cochino, wie das Pseudonym von Martin Schirenc lautet, leider zu früh endet.
Der ungekrönte König des metallischen Hüftschwungs zieht die Konsequenz daraus und legt sich an die Leine, sprich, verkabelt sein Instrument. Zu seinem größten Bedauern kann er jetzt nicht mehr zur linken Bühnenseite laufen, aber das tut der guten Stimmung auf und vor der Bühne keinen Abbruch. Jetzt gibt es erstmal ein Manowar-Cover. Keine Ahnung, wie der Song heißt, aber die häufigsten Wörter waren die, world und hail…es kann also jeder beliebige Manowar-Song gewesen sein. Und da die ganze Zeit ein bekloppter Luxemburger rumrennt, der nichts anderes brüllt als „Ausgebombt!“ und „Sodom!“, wird das eben auch noch gespielt. Leider ist der Auftritt dann schon bald zu Ende, aber Pungent Stench sind ja gar nicht so, und spielen noch zwei Zugabenblöcke. Daß Stagediven verboten ist, stört heute nicht weiter, denn es ist ja sowieso kaum jemand da. Doch da! Ein paar rebellische Recken haben sich erdreistet und sind in den Fotograben geklettert! Sofort kommt die Security gesprungen und treibt die jungen Wüteriche zurück. Nun gut, wenn der Prophet nicht zum Berg kommen darf, kommt der Berg eben zum Propheten und Martin Schirenc spielt das Stück im Fotograben zu Ende. Beim endgültig letzten Stück der Show wird noch einmal gepost bis zum Umfallen, bevor der Gig viel zu früh endet.
Es hätte ein wunderbarer Konzertabend werden können, wenn etwas mehr Leute anwesend gewesen wären. Wir hatten zwar so auch alle unseren Spaß, aber mehr als 150 Menschlein hätten schon den Weg in die Rockhal finden dürfen. Irgendwie ein Armutszeugnis, daß zu einer solchen Kultband wie Pungent Stench mit solch guten und regional bekannten Vorbands und zu einem so günstigen Preis nur so wenige Leute kommen. Ach ja, und könnte mal jemand den Luxemburgern stecken, daß irgendwann ein schlauer Mensch Stempel erfunden hat? Nach jedem Getränk und jedem Toilettenbesuch die Karte wieder rauskramen und vorzeigen müssen, nervt gewaltig!
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