02.11.06 Frankfurt, Batschkapp:
Amon Amarth, Wintersun, Týr
Die Anreise auf dieses Konzert war eher unspektakulär. Kein Verfahren, keine Hetzerei…keine Probleme mit den Karten…unspektakulär eben.
Das Konzert selbst sollte wesentlich spektakulärer werden. Zunächst einmal schockte mich der nicht vorhandene Merchandisestand. Ein weiter Schock war dann der mit einer Fahrradklingel umherziehende Brezelverkäufer, der sich ohne Rücksicht auf Verluste auch durch die ersten Reihen drängte (und den es angeblich schon seit Jahren gibt, den ich aber noch nie wahrgenommen habe (positives Verdrängen?)).
Den Abend eröffnen die Färinger Týr, die schon auf der Tour mit den Apokalyptischen Reitern im September zu begeistern wußten. Und die Anhängerschar der Band wächst und wächst. Ihren Auftritt beginnen sie wieder mit Regin Smiður, das sich durch seinen introartigen Anfangsteil aber auch perfekt als Opener eignet. Heri Joensen wirkt längst nicht mehr so schüchtern wie noch vor einem Monat, begrüßt die Zuschauer sogar auf deutsch und Gunnar H. Thomsen ist sowieso die personifizierte Spielfreude. Nun gibt es auch schon den ersten Song vom neuen Album Ragnarok zu hören, nämlich das von einigen Samplern schon bekannte Wings Of Time, das auch begeistert mitgesungen wird. Anschließend gehen Týr mit Hail To The Hammer zurück zu ihrem Demo aus dem Jahr 2000. Bei der Ansage des nächsten Songs brilliert Sänger Heri mit bestechender Logik: „Now we’re gonna play the title track of our new album Ragnarok.
It’s called - Ragnarok“. Dann folgt leider schon der letzte Song für diesen Abend. Beim mitreißenden Ramund Hin Unge vom Album Eric The Red kann noch einmal richtig gebangt werden, bevor die Band viel zu früh die Bühne verlassen muß. Ich hätte gerne noch mehr gesehen. Außerdem habe ich The Wild Rover vermißt. Die Band wirkte viel lockerer als auf der Tour mit den Apokalyptischen Reitern, und Sänger und Gitarrist Heri begann auch schonmal, auf der Bühne rumzurandalieren (und entschuldigte sich dann auch noch dafür). Bassist Gunnar hüpfte so fröhlich über die Bretter, daß er manchmal fast zu spät am Mikro ankam. Gitarrist Terji könnte aber ruhig noch etwas Bühnenpräsenz zeigen statt sich ständig hinter seinen Haaren zu verstecken. Nicht so schüchtern, Junge! Alles in Allem ein wirklich guter Auftritt, der der Band hoffentlich noch einige Fans dazugewonnen hat.
Die anschließend spielenden Wintersun legen gleich mit ordentlich Tempo und Beyond The Black Sun los. Bandkopf Jari Mäenpää ist heute offenbar gut drauf und kommuniziert viel mit den Fans. Wintersun scheinen auch mehr Fans gezogen zu haben als Týr, den Publikumsreaktionen zufolge. Andererseits kann man auf die Musik von Wintersun aber auch viel besser bangen als auf die größtenteils schleppenden Songs von Týr. Auffallend ist jedoch, daß sich der Sound deutlich verschlechtert hat. Die Snare geht einem schon nach den ersten Takten tierisch auf die Nerven. Ich glaube, es hat sich im Laufe des Auftritts verbessert, es kann aber auch sein, daß man sich einfach mit der Zeit dran gewöhnt. Denn die Snare ist nicht das einzige Problem. Sänger Jari ist mal gut zu hören und mal gar nicht, und manchmal hat seinen Stimme einfach nur einen sehr seltsamen Klang. Auch bei Winter Madness, dem zweiten Song auf dem bisher einzigen Album, dem selbstbetitelten Wintersun, wird das Tempo nicht wirklich langsamer.
Und als wäre der Nacken jetzt nicht schon genug strapaziert worden, gibt es auch gleich noch Beautiful Death hinterher. Das balladeske Death And The Healing geht im mittlerweile herrschenden Soundbrei leider total unter. Beim anschließenden Battle Against Time ist der Sound dann wieder etwas besser. Mit dem fast 8 min langen Starchild geht der Auftritt der Finnen leider schon zu Ende. Obwohl das Publikum Zugaben fordert, ist heute leider keine drin. Auch Amon Amarth wollen noch spielen. Wintersun habe ich schon besser gesehen, wobei der recht schlechte Sound hier wohl auch eine Rolle spielte. An mangelnder Spielfreude oder zu kleinem Bewegungsradius hat es ganz sicher nicht gelegen. Insbesondere Gitarrist Teemu Mäntysaari bangt und post, was das Zeug hält. Und Drummer Kai Hahto ist einfach nicht von dieser Welt. Jetzt sind die Songs von Wintersun ja nicht gerade langsam, und trotzdem hat der Knabe noch Zeit, zwischendrin kleine Kunststückchen zu machen, die wahrscheinlich kaum jemand mitbekommt. Einfach Wahnsinn, der Mann.
Die Schweden Amon Amarth interessieren mich von den drei Bands am wenigsten. Das ist vielleicht auch besser so, denn sonst würde mich der hundsmiserable Sound wirklich aufregen. Stellenweise hört man einfach nur Bass und die einzelnen Stücke gehen so in dem Soundmatsch unter, daß man sie kaum erkennen kann. Der Stimmung tut dies jedoch keinen Abbruch, denn Amon Amarth werden frenetisch abgefeiert. Die Wikinger vom Schicksalsberg beginnen ihren Auftritt mit dem Opener des aktuellen Albums With Odin On Our Side, dem starken Valhall Awaits Me. Man folgt zunächst dem Lauf des Albums und spielt als zweites Runes To My Memory. Anschließend gibt es neben einigen weiteren Songs Death In Fire von der Versus The World und Fate Of Nornes von der gleichnamigen letzten Platte auf die Ohren.
Mit With Odin On Our Side geben Amon Amarth dann den Titeltrack des aktuellen Albums zum Besten. Hier klinken wir uns erstmal aus, weil der Sound so abartig ist und begeben uns auf die Suche nach dem Merchandisestand, den es laut Heri von Týr hier irgendwo geben sollte. Wir finden ihn dann im Biergarten der Batschkapp, wo sich zwei bedauernswerte Gestalten den Hintern abfrieren. Wer ist eigentlich auf die glorreiche Idee gekommen, den Merchandise-Stand bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt nach draußen zu verlegen? Wegen der herrlichen Temperaturen gehen wir nach vollbrachtem Einkauf auch bald wieder rein und sind zu Cry Of The Black Birds wieder mit von der Partie.
Nach dem Auftritt von Amon Amarth werden frenetisch Zugaben gefordert, die mit Versus The World vom gleichnamigen Album und Gods Of War Arise von der aktuellen Scheibe With Odin On Our Side auch gespielt werden. Live sind Amon Amarth schon eine Macht, auch wenn sie mich auf Platte absolut nicht überzeugen können. Ein solider Auftritt, dessen Genuß durch den üblen Sound leider getrübt wurde.
Insgesamt war dies ein Konzert, das sein Geld mehr als wert war. Zwei wirklich fantastische Bands und eine Band, die zumindest live gar nicht so schlecht ist, wie ich immer dachte. Ominöserweise wurde der Sound aber von Band zu Band schlechter statt besser, was zum Schluß doch nervig war. Mein Nacken tut aber trotzdem weh. Also muß es gut gewesen sein.
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